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05.03.2015 23:02:59

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Russland

Bielefeld (ots) - Noch nie wurde Boris Nemzow, der ermordete Putin-Kritiker, so oft zitiert wie in den jüngsten Tagen. Wer aber hörte dem lebenden Nemzow zu, als er Russlands Wandel zum Mafiastaat beklagte, als er die künstlich aufgeheizte Atmosphäre gegen jede andere Meinung anprangerte und mit Fingern auf Korruption und Korrumpierte wies? Ja, es gibt immer noch eine Opposition im System Putin. Sie ist zu schwach und zu sehr gegängelt, um Wahlen zu gewinnen. Aber sie ist so aufrichtig und so unbeirrbar, dass sie Pfahl im Fleische bleibt, selbst wenn der Maidan nie Moskau erreicht. Der Trauermarsch hat gezeigt, dass es neben nationalistisch-faschistoiden Kräften auch noch Demokraten gibt. Zehntausende, die Polizeiknüppel und Schikanen fürchten mussten, sind direkt am Kreml auf die Straße gegangen. Sie sind es, die zu Recht die russische Fahne tragen. Nicht sie verraten das Vaterland, sondern die, die sie Vaterlandsverräter schimpfen und ungestraft für vogelfrei erklären können. Es gibt immer noch Menschen und Organisationen, die trotz des Drucks von Presse, Justiz und Geheimdienst in Russland nicht aufgegeben haben. Deshalb wird es Zeit, genau hinzuhören, was die Soldatenmütter, die Menschenrechtsgruppe Memorial, was Alexei Nawalny, Garri Kasparow, auch Michail Chodorkowski und viele andere zu sagen haben. In Russland gibt es mehr Lebendigkeit und Widerstandsgeist, als die Staatsmedien die Russen, und auch uns in Europa, glauben machen wollen.

- Tschetschenien, Georgien, Ukraine: Putin führt ständig Krieg nach innen und außen. - Anna Politkowskaja, Natalja Estemirowa, Alexander Litwinenko: Die politischen Morde der Ära Putin sind alle noch nicht aufgeklärt.

Gerade deshalb darf Europa die Russen nicht abhaken, sondern muss ihre Zivilgesellschaft ermutigen. Ja, es gibt auch im neuen, alten Zarenreich eine Idee von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Die Menschen wollen Frieden und bescheidenen Wohlstand. Vor allem gibt es ein Gespür für Gerechtigkeit. Weshalb sonst beklagt nahezu ausnahmslos jeder Russe Bestechung und staatliche Gewalt in seinem Land? Deutschland sollte jetzt nicht der Kälte und Abschottung das Wort reden, sondern Offenheit anbieten. Kein Gesprächskanal darf aus Wut oder Enttäuschung zugeschüttet werden, Kontakte müssen auf allen Ebenen erhalten bleiben. Der Studentenaustausch muss gefördert, Politiker in Diskussionen gezwungen und die gewollte Isolation gebrochen werden. 6000 deutsche Unternehmen in Russland, 1000 Schulpartnerschaften, Billigflüge und unser Gegenmodell zur keimenden Diktatur sind Brücken, die die russische Propaganda überspannen. Dazu bedarf es aber auch der Aufhebung der Visumspflicht für russische Bürger, gerade weil die Einreiseverbote für Oligarchen und die Wirtschaftssanktionen bleiben müssen.

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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261

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