02.08.2015 21:42:37
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Weser-Kurier: Leitartikel von Moritz Döbler über die Bremer Bürgerschaftswahl
Bremen (ots) - Der Einspruch der AfD gegen die Bürgerschaftswahl
stellt die Demokratie auf eine Probe. Denn jene AfD, die am 10. Mai
vier Mandate errungen hat, gibt es gar nicht mehr. Drei Abgeordnete
sind zur neugegründeten Partei Alfa übergelaufen. In Bremerhaven war
die AfD laut amtlichem Ergebnis nur auf 4,9 Prozent gekommen und
hatte damit ein fünftes Bürgerschaftsmandat knapp verfehlt.
Bundesweit liegt sie bei der Sonntagsfrage aktuell bei drei Prozent,
Tendenz fallend. Die AfD hat sich total zerlegt, aber ihren Einspruch
gegen das Wahlergebnis in Bremerhaven sollte das Wahlprüfungsgericht
trotzdem auf keinen Fall verwerfen. Dass nicht alle Stimmen korrekt
gezählt wurden, kann als erwiesen gelten. Plausibel ist es ja nicht,
dass wirklich bei keinem der insgesamt 33<ET>954 in Bremerhaven
abgegebenen Stimmzettel ein Fehler gemacht worden sein soll. Die AfD
behauptet nun, sie habe mehr als die Hälfte nachgezählt und 44
Stimmen für die AfD gefunden, die anderen Parteien zugeschlagen
worden seien. Dem einstigen Spitzenkandidaten Thomas Jürgewitz sollen
48 Stimmen gefehlt haben - so oder so ist es also denkbar knapp. Ob
sich Wahlhelfer nur irrten oder bewusst manipulierten, tut kaum etwas
zur Sache. Es ist jedenfalls möglich, dass die AfD ein fünftes Mandat
in der Bürgerschaft hätte bekommen müssen. Verwirft das
Wahlprüfungsgericht den Einspruch, beflügelt es
Verschwörungstheorien. Dann wird über der Wahl zur 19. Bremischen
Bürgerschaft auf Dauer ein Schatten liegen. Gibt das
Wahlprüfungsgericht dem Einspruch statt, muss in Bremerhaven
offiziell nachgezählt werden. Und sollte die AfD tatsächlich zu Recht
einen fünften Sitz beanspruchen, wird sich zeigen, ob sich das
Kräfteverhältnis in der Bürgerschaft ändert. Denkbar ist, dass die
ohnehin schon knappe rot-grüne Mehrheit schrumpft oder im Extremfall
sogar verloren geht. Ein Argument in der Abwägung darf das aber nicht
sein, denn jede zur Wahl zugelassene Partei muss gleich behandelt
werden. Und wenn es nicht für einen fünften Sitz reichte, wäre das
Nachzählen trotzdem keine überflüssige Mühe. Denn die Demokratie
ginge gestärkt aus dem Verfahren hervor.
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