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07.09.2015 22:17:38

Weser-Kurier: Kommentar von Moritz Döbler zur Flüchtlingspolitik

Bremen (ots) - Die Kanzlerin und der Vize-Kanzler sind nach stundenlanger Sitzung gemeinsam vor die Kameras getreten. Ernste Mienen, große Worte. So war es vor sieben Jahren, als Angela Merkel und Peer Steinbrück verkündeten, die Spareinlagen seien sicher. So war es jetzt, als Angela Merkel und Sigmar Gabriel ihren Plan für den Umgang mit Flüchtlingen vorstellten. Diese Parallelität - gestern Finanz-, heute Flüchtlingskrise - war inszeniert. Denn oft treten Kanzlerin und Vize-Kanzler nicht gemeinsam auf, erst recht nicht im Kanzleramt. Und wer es nicht gemerkt hatte, den wies Angela Merkel darauf hin. Die Bundesregierung sei bei der Rettung der Banken damals schnell gewesen und müsse jetzt "genauso schnell" sein, sagte sie. Doch dieser Vergleich ist Humbug. Zwar wurden die Banken gerettet, aber von der Finanzkrise hat sich Europa noch längst nicht erholt. Die USA sind beherzter vorgegangen, dort wächst die Wirtschaft, dort herrscht Zuversicht. Der deutsche, der europäische Umgang mit der Finanzkrise darf nicht die Referenzgröße sein - dann bestimmt das Flüchtlingsthema noch in sieben Jahren die Tagesordnung. Vielleicht wäre es klug, sich diesmal am amerikanischen Weg zu orientieren. Das heißt, klare Regeln für die Zuwanderung zu entwickeln und durchzusetzen. Politisches Asyl gibt es auch in den USA, aber eben auch ein stringentes Einwanderungsrecht. Immigranten sind für einen Großteil der wirtschaftlichen Entwicklung der USA verantwortlich, heute und eigentlich immer schon. Die größte Volkswirtschaft der Welt begreift Zuwanderung vor allem als Chance und nicht als Problem. Das mag angesichts der Flüchtlingszüge und hastig aufgebauter Zelte schwer fallen. Aber die Bürger, die mit Süßigkeiten, Spielzeug und Decken nächtelang an Bahnhöfen ausharren, um die Menschen willkommen zu heißen, sind weiter als viele politisch Verantwortliche. Und da stimmt der historische Vergleich, den Sigmar Gabriel wählte - der Umgang mit den Flüchtlingen sei die größte Herausforderung seit der deutschen Einheit, sagte er. So ist es. Die Grenzen in den Köpfen müssen überwunden werden. Es geht jetzt um Haltung.

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