26.04.2016 19:20:46
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Weidmann: EZB-Unterstützung einzelner Staaten wäre problematisch
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat einer Unterstützung einzelner Staaten durch die Europäische Zentralbank (EZB) erneut eine Absage erteilt. Bei einer Veranstaltung in Rom sagte Weidmann laut vorab verbreitetem Redetext, eine solche Politik fände er "problematisch". Weidmann forderte zudem eine "zügige Weichenstellung" im Hinblick auf die bankregulatorische Behandlung von Staatsanleihen.
"Einzelne Staaten von Seiten des Eurosystems gezielt zu unterstützen, zum Beispiel durch den Ankauf von Anleihen kriselnder Euro-Staaten, ist aus meiner Sicht problematisch", sagte der Bundesbank-Präsident demnach. Es lasse die Grenzen zwischen der Geld- und Fiskalpolitik verschwimmen und berge die Gefahr, dass fiskalische Risiken über die Notenbankbilanzen umverteilt würden.
Volkswirte diskutieren immer wieder die Möglichkeiten, die der EZB noch bleiben, um ihre Geldpolitik falls erforderlich noch weiter zu lockern. Kürzlich hatte die EZB ihr Anleihekaufprogramm um Unternehmensanleihen erweitert - ein Markt, der als nicht besonders liquide angesehen wird.
Einige Experten bringen immer wieder die Möglichkeit ins Spiel, dass die EZB bei ihren Staatsanleiheankäufen vom EZB-Kapitalschlüssel als Richtgröße abgeht. Das würde ihr die Möglichkeit geben, anstatt der ohnehin stark gesuchten Bundesanleihen stärker Anleihen von Ländern mit höheren Zinsen zu kaufen.
Weidmanns Äußerungen deuten darauf hin, dass er solche Ideen ebenso ablehnt wie sogenannte Outright Monetary Transactions (OMT), den gezielten Ankauf von Staatsanleihen einzelner Länder.
Kritik an der aktuellen Geldpolitik äußerte der Bundesbank-Präsident nicht. "Auch wenn die Wirtschaft wächst, ist der Preisdruck sehr niedrig. Eine expansive Ausrichtung der Geldpolitik im Euroraum ist also durchaus angemessen", sagte er.
Zu einer weiteren Lockerung der Geldpolitik äußerte sich der Bundesbank-Präsident jedoch sehr ablehnend. "Anstatt über immer neue geldpolitische Lockerungsübungen zu räsonieren, sollten vielmehr nachhaltige Schritte zu mehr Wachstum unternommen werden", sagte er.
Damit meinte der Bundesbank-Präsident Strukturreformen, die zu mehr Wachstum, höheren Realzinsen und damit letzten Endes auch zu wieder höheren Leitzinsen führen würden.
Geldpolitik könne die Konjunktur nur kurzfristig stützen, sie könne jedoch nichts gegen strukturell niedriges Wachstum und strukturell hohe Arbeitslosigkeit ausrichten. "Und weil sie sich an den geldpolitischen Erfordernissen des gesamten Währungsraums auszurichten hat, darf sie auch nicht gesondert auf die Bedürfnisse einzelner Staaten eingehen", sagte Weidmann.
Der Bundesbank-Präsident forderte zudem erneut, Staatsanleihen die Privilegien zu nehmen, die sie in der Bankenregulierung genießen - Banken müssen sie nicht Eigenkapital hinterlegen und es gibt keine Obergrenze für die Menge an Anleihen eines Staats, die die Banken halten dürfen.
Das macht Staatsanleihen attraktiv für Banken und senkt die Zinsen, zu denen sich Staaten verschulden können. Institute werden damit jedoch anfälliger für finanzielle Probleme von Staaten und die Staaten anfälliger für Probleme der Banken.
Weidmann hält eine Regulierung unter Beachtung der tatsächlichen Risiken von Staatsanleihen nicht nur aus allgemeinen Stabilitätserwägungen für wichtig, sondern mit Blick auf die Eurozone wegen der geplanten europäischen Bankeinlagensicherung. Denn die Sicherheit von Bankeinlagen hängt vom Zustand der Bankbilanz ab und die wiederum von der Verschuldung des Staats.
"Solche Regelungen müssten natürlich mit entsprechenden Übergangszeiten eingeführt werden. Aber gerade weil wir diese Übergangsfristen brauchen, muss die grundsätzliche Weichenstellung zügig getroffen werden", sagte Weidmann.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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April 26, 2016 12:50 ET (16:50 GMT)
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