15.01.2014 19:25:00
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WAZ: Energie - Europa ist Absurdistan. Kommentar von Thomas Wels
Essen (ots) - Es herrschte schon mal mehr Harmonie unterm
europäischen Dach. Das Ansinnen von EU-Kommissionspräsident Barroso,
es sein zu lassen mit zwei von bisher drei verbindlichen Klimazielen,
ist Ausdruck atmosphärischer Störungen insbesondere zwischen Barroso
und Kanzlerin Merkel. Es kann der EU-Kommission nicht gefallen haben,
wie Merkel zugunsten der heimischen Autoindustrie strengere
Abgaswerte kalt ausgebremst hat. Und natürlich muss Brüssel daran
Anstoß nehmen, aus der Zeitung von der teutonischen Energiewende und
dem Aus der Atomenergie zu erfahren. Die drei EU-Ziele - Ausbau der
Erneuerbaren, Reduzierung der Treibhausgase und Verbesserung der
Energieeffizienz - sind Merkels Ziele. Die Kanzlerin hat sie
durchgesetzt. Es ist offensichtlich: Maßgebliche EU-Kommissare sind
nicht mehr willens, die deutsche Dominanz in der Energiepolitik
hinzunehmen. Siehe das EU-Wettbewerbsverfahren gegen die
Ökostrom-Umlage. Letztlich steckt hinter dem Konflikt beinharte
Industriepolitik. Deutschland hat als Vorreiter in Sachen
Energiewende inzwischen eine ausgewachsene Öko-Industrie und mithin
ein Interesse an möglichst ambitionierten Klimaschutzzielen.
Frankreich und Großbritannien, die auf Atomenergie setzen, haben ein
Interesse daran, nur ein Ziel zu formulieren - das zur Minderung des
Kohlendioxidausstoßes, da AKW als CO2-frei gewertet werden. Es
herrscht ein munteres Durcheinander auf dem so wichtigen Feld der
Energieversorgung. Von Binnenmarkt keine Spur. Die EU gönnt sich 20
unterschiedliche Fördersysteme für die Erneuerbaren. Allein in
Deutschland bringt es das Erneuerbare-Energien-Gesetz auf abstruse
4000 Fördersätze. Die Klimaschutzziele mögen wichtig sein fürs
politische Schaufenster. Letztlich geht es aber um den Willen zur
Harmonisierung. So lange Großbritannien den Bau acht neuer
Atomanlagen mit Subventionen plant und Deutschland de facto
niederländischen Öko-Strom aussperrt, leben wir in
Energie-Absurdistan. Die Bundesregierung wäre gut beraten, den
Vorstoß aus Brüssel als Warnschuss zu werten: Führung in Europa zu
übernehmen ist eben mehr, als nur eigene Interessen durchzusetzen.
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