22.08.2020 11:21:38

Verdi: Ohne längeres Kurzarbeitergeld drohen Entlassungen

BERLIN (dpa-AFX) - Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi warnt vor massivem Jobverlust ohne eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds in der Corona-Krise. "Dann drohen im Dienstleistungsbereich Entlassungen in hohem Maß", sagte Verdi-Chef Frank Werneke der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Union und SPD sollten daher den Weg für eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds freimachen.

Beim Koalitionsausschuss am 25. August wollen die Spitzen des Regierungsbündnisses voraussichtlich auch über eine Verlängerung der Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes beraten - von 12 auf 24 Monate.

Werneke erläuterte, steigende Aufträge und Umsätze deuteten auf eine wirtschaftliche Erholung nach dem Corona-Einbruch hin. Es gebe aber auch Bereiche, vor allem im Dienstleistungssektor sowie etwa bei den Autozulieferern, die von der Krise weiter stark betroffen seien. "Der Flugverkehr kommt nicht richtig in Gang", sagte der Verdi-Chef. Kulturveranstaltungen fänden höchstens eingeschränkt statt. Der Tourismus leide weiter. "Das Messewesen liegt darnieder."

Hier brauche es Planungssicherheit durch Kurzarbeit. Werneke forderte, dass es bei der Aufstockung auf 80 beziehungsweise 87 Prozent des Einkommens bleibt. Etwa Angestellte der Hotellerie kämen mit 60 oder 67 Prozent Kurzarbeitergeld nicht über die Runden. Im "Handelsblatt" äußerte sich der Verdi-Chef ähnlich.

Werneke forderte zudem, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge zugunsten der Unternehmen an die Verpflichtung zum Joberhalt zu knüpfen. "Es kann nicht auf der einen Seite Kurzarbeitergeld abkassiert werden, und auf der anderen Seite werden betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen", sagte er der dpa.

In der Koalition ist im Gespräch, mit längerer Kurzarbeit Qualifizierung der Beschäftigten zu verbinden. Werneke lehnte eine verpflichtende Koppelung ab. "Man darf den Blick nicht auf Branchen im Transformationsprozess verengen", sagte er. Etwa bei Flugbegleitern oder Künstlern gebe es eine vorübergehende Unterauslastung - keine strukturelle Änderung des Arbeitsfeldes.

Für die Planungssicherheit der Unternehmen und Beschäftigten brauche es spätestens Mitte September Klarheit über eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds, mahnte Werneke. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, hatte gesagt, dass eine Entscheidung pro Verlängerung verfrüht sei. "Grundsätzlich hat Kurzarbeit zwar den Vorteil, überflüssige Entlassungen zu vermeiden, aber den Nachteil, notwendigen Strukturwandel zu verzögern", hatte er der "Rheinischen Post" gesagt.

Verdi und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) wollen mit einer Online-Petition ihrer Forderung nach einem längerem Kurzarbeitergeld Nachdruck verleihen. Die erforderliche Fortschreibung von Corona-Sicherheits- und Schutzregelungen dürfe nicht dazu führen, "dass die Beschäftigten ganzer Branchen in Not geraten", heißt es in der Petition an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) und an die Koalitionsspitzen./bw/DP/nas

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