Kopf-an-Kopf-Rennen |
04.11.2020 22:46:00
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US-Wahl: Noch keine Entscheidung - Biden geht von Sieg aus
Biden: Haben genug Stimmen für Präsidentschaft
Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden geht von einem Sieg bei der US-Wahl aus. "Jetzt, nach einer langen Nacht des Zählens ist es klar, dass wir genug Staaten gewinnen, um 270 Wahlstimmen zu erreichen, die erforderlich sind, um die Präsidentschaft zu gewinnen", sagte Biden am Mittwoch in Wilmington (Delaware). Er betonte dabei, dass er den Sieg noch nicht offiziell für sich reklamieren wolle. Doch sein Team glaube, dass er die Abstimmung gewonnen habe. Wenn die Auszählung beendet sei, "glauben wir, dass wir die Gewinner sein werden", sagte Biden.
Der 77-Jährige gab sich bei seiner Ansprache präsidial und betonte, dass Amerika die tiefe Spaltung überwinden müsse. "Um Fortschritte zu machen, müssen wir aufhören, unsere Gegner wie Feinde zu behandeln", sagte Biden. "Wir sind keine Feinde." Er wisse, wie stark die Ansichten über viele Dinge im Land auseinandergingen.
Biden sagte, er habe als Demokrat Wahlkampf gemacht. "Aber ich werde als amerikanischer Präsident regieren", fügte er hinzu. Die Präsidentschaft sei das eine Amt, das die Nation repräsentiere.
Prognosen: Biden holt wichtigen Bundesstaat Michigan
Bei der US-Präsidentenwahl hat der demokratische Kandidat Joe Biden den wichtigen Bundesstaat Michigan mit 16 Wahlleuten nach Prognosen von Fernsehsendern für sich entschieden. Das ging am Mittwoch (Ortszeit) aus übereinstimmenden Vorhersagen der Sender CNN und NBC auf Grundlage von Wählerbefragungen und Stimmauszählungen hervor. Die Nachrichtenagentur AP meldete zunächst noch keinen Gewinner.
USA zittern weiter - Bidens Chancen verbessert
Bei der historischen Wahlschlacht in den USA hat der demokratische Herausforderer Joe Biden seine Chancen auf einen Sieg verbessert. Biden setzte sich nach Angaben der Nachrichtenagentur AP im umkämpften Wisconsin gegen Amtsinhaber Donald Trump durch, während der laufenden Stimmenauszählung lag er zudem in Michigan und Nevada zunächst vorn. Der Republikaner Trump erneuerte nicht belegte Behauptungen, wonach es massiven Betrug bei der Wahl gegeben habe. Die Verantwortlichen in den Bundesstaaten mahnten Vorsicht und Geduld an, um den Willen der Wähler zu respektieren.
In der Wahlnacht hatte sich Trump im Weißen Haus während der laufenden Auszählung zum Sieger erklärt und angekündigt, seinen Anspruch vor das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten zu bringen. "Wir waren dabei, diese Wahl zu gewinnen", sagte der Präsident am frühen Mittwochmorgen und fügte hinzu: "Offen gesagt haben wir diese Wahl gewonnen." Bidens Wahlkampfteam warf Trump vor, die Auszählung rechtmäßig abgegebener Stimmen stoppen zu wollen. Das sei "empörend, beispiellos und falsch".
Im Laufe des Tages setzte Trump mehrere Tweets ab, in denen er über die Stimmauszählung schimpfte und schwere Vorwürfe äußerte. Sein am Dienstagabend noch bestehender Vorsprung sei in einem Bundesstaat nach dem anderen "auf magische Weise verschwunden", schrieb er etwa. Im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania werde "hart daran gearbeitet", schnell eine halbe Million Stimmen "verschwinden zu lassen", schrieb er an anderer Stelle. Twitter versah mehrere Nachrichten mit Warnhinweisen wegen "möglicherweise irreführender" Aussagen. Biden bekräftigte: "Wir ruhen nicht, ehe nicht jede Stimme gezählt ist."
Trump hatte schon im Wahlkampf Stimmung gegen die Briefwahl gemacht und Zweifel an der Rechtmäßigkeit geschürt - obwohl die Abstimmung per Post eine etablierte Form der Stimmabgabe ist. Er warnte ohne stichhaltige Beweise vor massiven Fälschungen. Hinweise auf nennenswerten Wahlbetrug gab es nicht.
Gespannt wurde die Auszählung in mehreren Staaten im Mittleren Westen und im Süden verfolgt. Während sich in Nevada und Michigan ein leichter Vorsprung für Biden abzeichnete, sah es für Trump in North Carolina gut aus. In Georgia dürfte es extrem knapp werden.
Trumps Wahlkampagne kündigte an, in Wisconsin mit Blick auf "Unregelmäßigkeiten" eine Neuauszählung der Stimmen beantragen zu wollen. In Michigan hat sie nach eigenen Angaben Klage bei einem Gericht eingereicht und einen sofortigen Stopp der weiteren Auszählung verlangt, bis den Republikanern Zugang zu den Wahllokalen gewährleistet werde.
Im hart umkämpften Industriestaat Pennsylvania lag Trump vorn, doch war am Mittwoch erst die Hälfte von 2,5 bis 3 Millionen Briefwahlstimmen ausgezählt. Analysten gingen davon aus, dass die noch offenen, vor allem über Brief abgegebenen Stimmen mehrheitlich auf das Konto von Biden gehen.
Der Gouverneur im US-Staat Pennsylvania, Tom Wolf, sprach von einem "Stresstest für die Demokratie". Er werde alles tun, um sicherzustellen, dass jede Stimme in seinem Bundesstaat gezählt werde, sagte der Politiker der Demokratischen Partei in Harrisburg. An die Bürgerinnen und Bürger gerichtet sagte Wolf: "Eure Stimme macht bei dieser Wahl einen Unterschied aus." Er werde sich gegen jeden Versuch stellen, die Wahl in Pennsylvania anzugreifen.
Die demokratische Staatssekretärin im Bundesstaat Michigan, Jocelyn Benson, sagte dem Sender CNN, es seien nun "Vorsicht" und "Geduld" geboten, um "den Willen der Wähler zu respektieren". Sie rechne im Laufe des Tages mit mehr Klarheit.
Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sagte, das Land werde bald sehen, wie die Entscheidung der Wähler ausgefallen sei. "Wir wissen noch nicht, wer das Rennen um die Präsidentschaft gewonnen hat", sagte der Trump-Vertraute vor Journalisten. Er fügte hinzu, dass er Trumps Ankündigung, den Kampf um die Wahl vor Gericht fortzusetzen, für unproblematisch halte.
Der 74 Jahre alte Trump schnitt insgesamt deutlich besser bei der Wahl ab als nach Umfragen erwartet. Der drei Jahre ältere Biden verfehlte den von den Demokraten erhofften klaren Wahlsieg und musste sich unter anderem in Florida und Texas dem republikanischen Präsidenten geschlagen geben. Vor der Wahl hatte das Statistikportal "FiveThirtyEight" nur eine Wahrscheinlichkeit von rund zehn Prozent für einen Sieg Trumps errechnet.
Der US-Präsident wird nicht direkt von den Bürgern gewählt, sondern von Wahlleuten. Deren Stimmen gehen mit Ausnahme der beiden Staaten Nebraska und Maine vollständig an den Sieger in dem jeweiligen Bundesstaat. Für den Einzug ins Weiße Haus sind 270 Stimmen nötig. 2016 hatte Trump zwar landesweit weniger Wählerstimmen als Hillary Clinton geholt, aber mehr Wahlleute für sich gewonnen.
Repräsentantenhaus geht an Demokraten - Dämpfer im Senat
Bei den Kongresswahlen in den USA konnten die Demokraten Prognosen zufolge ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen. Zugleich erlitten sie nach viel Euphorie einen schweren Dämpfer beim Kampf um den Senat. Mehrere republikanische Senatoren, die als Wackelkandidaten galten, konnten ihre Sitze verteidigen. Bei den noch ausstehenden offenen Rennen haben die Republikaner gute Chancen, eine Mehrheit von 51 der 100 Mandate zu erreichen.
Das könnte im Falle eines Wahlsieges einem künftigen Präsidenten Joe Biden das Regieren deutlich erschweren - für Donald Trump wäre es im Fall eines Sieges eine enorm wichtige Unterstützung. Der Senat spielt eine maßgebliche Rolle in der Gesetzgebung. Außerdem bestätigt er unter anderem die Kandidaten für hohe Regierungsposten oder das Oberste Gericht. Bei Amtsenthebungsverfahren gegen einen Präsidenten spielt der Senat die Rolle eines Gerichts.
Wie viele Stimmen man im Senat für die Mehrheit braucht, hängt davon ab, wer im Weißen Haus sitzt. Denn bei einem Patt von 50 zu 50 Stimmen kann der Vizepräsident eingreifen.
Stand 20.15 Uhr MEZ steuerten die Republikaner laut Prognosen auf eine Mehrheit im Senat zu. Sie sicherten sich laut AP bislang 48 der 100 Sitze, die Demokraten 45. Die beiden unabhängigen Kandidaten, die in diesem Jahr nicht zur Wahl standen, werden den Demokraten zugerechnet.
Demnach waren noch die Ergebnisse zu vier Republikanern und einem Demokraten offen. Über einen dieser Sitze - im Bundesstaat Georgia - wird erst Anfang Januar in einer Stichwahl entschieden.
Jeder Bundesstaat entsendet zwei Senatoren in den Kongress, bisher hielten die Republikaner eine Mehrheit von 53 der 100 Sitze. Stand 20.15 Uhr MEZ konnten die Demokraten einen Sitz aufholen. Sie büßten zwar einen ein, gewannen aber dafür zwei dazu.
Die Demokraten verloren - wie erwartet - den Senatssitz in Alabama. Der demokratische Senator Doug Jones wurde vom ehemaligen American-Football-Trainer Tommy Tuberville geschlagen, der für die Republikaner antrat.
Die Demokraten konnten aber den Republikanern zugleich zwei Sitze abnehmen. Im Bundesstaat Colorado setzte sich der Demokrat John Hickenlooper gegen den Republikaner Cory Gardner durch. Und in Arizona gewann der Astronaut Mark Kelly gegen die Republikanerin Martha McSally.
Die Demokraten könnten allerdings auch noch einen ihrer bisherigen Sitze verlieren - für Gary Peters in Michigan sah es während der Auszählung lange Zeit nicht gut aus, dann holte er auf und lieferte sich laut TV-Sendern ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit seinem republikanischen Herausforderer John James.
In Alaska und North Carolina lagen zur Stunde die beiden republikanischen Kandidaten in Führung. In Georgia wird es im Januar mindestens eine Stichwahl um einen offenen Senatssitz geben. Eine Stichwahl um den zweiten Senatssitz des Bundesstaates lag im Bereich des Möglichen.
De Demokraten waren in den Wahlabend mit großer Zuversicht gegangen. Zur Abstimmung standen 25 von Republikanern gehaltene Senatssitze - und Umfragen sahen vielerorts zumindest ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Aber es gab schnell Enttäuschungen. So konnte sich der Demokrat Jamie Harrison in South Carolina nicht gegen den bisherigen Vorsitzenden des Justizausschusses Lindsey Graham durchsetzen. Harrison hatte damit für Aufsehen gesorgt, dass er die für eine Senatswahl außergewöhnliche Spendensumme von mehr als 57 Millionen Dollar einsammelte. Auch die Senatorin Susan Collins aus Maine verteidigte laut AP ihren Sitz.
Die TV-Sender NBC und Fox News prognostizierten unterdessen, dass die Demokraten ihre Mehrheit im US-Repräsentantenhaus behalten werden. Sie hielten bisher 232 der 435 Sitze in der Kongress-Kammer, die am Dienstag komplett zur Abstimmung stand. Zum Stand 18.45 Uhr MEZ am Mittwoch wurden nach Berechnungen der Nachrichtenagentur AP 198 Demokraten und 185 Republikaner gewählt. Die Republikaner gewannen demnach fünf Sitze dazu. Für die Mehrheit braucht man in der Kammer 218 Stimmen.
Die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, verteidigte in Kalifornien mit Leichtigkeit ihren Sitz. Die 80-Jährige hatte bereits deutlich gemacht, dass sie sich wieder um den Führungsposten bewerben wolle.
Bei den Republikanern wurde die Politikerin Marjorie Taylor Greene ins Repräsentantenhaus gewählt, die als Unterstützerin der Verschwörungsbewegung QAnon gilt. Die zentrale Behauptung der QAnon-Anhänger ist, dass es eine Verschwörung gegen US-Präsident Donald Trump in den tieferen Schichten des US-Regierungsapparats gebe. Außerdem behaupten sie oft, prominente Politiker der Demokratischen Partei in den USA ließen sich mit Hormonen behandeln, die aus dem Blut von Kindern gewonnen würden.
Mehrere führende Politiker der Republikaner haben die QAnon-Theorien verurteilt. Präsident Donald Trump tat sich bei mehreren Gelegenheiten schwer damit - und unterstützte Greene ausdrücklich. Die republikanische Kandidatin Laura Loomer, die unter anderem wegen antiislamischer Hetze von den großen Online-Plattformen verbannt wurde, verlor dagegen ihr Rennen um einen Sitz in Florida.
WASHINGTON (dpa-AFX)
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