23.11.2012 12:51:31
|
UPDATE2: ifo-Index macht Hoffnung auf guten Start ins neue Jahr
-- Unternehmen mit optimistischeren Erwartungen
-- Trendwende auszurufen, wäre verfrüht
-- Wirtschaft zieht erst im Frühjahr wieder richtig an
(NEU: Zusammenfassung mit anderen Daten)
Von Christian Grimm
Auch wenn das laufende Jahr im vierten Quartal schwach enden sollte, könnte die deutsche Wirtschaft 2013 gut aus den Startlöchern kommen. Darauf deutet die überraschend verbesserte Stimmung in den Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft hin. Der Geschäftsklimaindex des Münchner ifo-Instituts hat nach sechs Rückgängen in Folge im November erstmals wieder zugelegt. Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer kletterte um 1,4 Punkte auf 101,4 Zähler. Volkswirte hatten hingegen einen weiteren Rückgang vorausgesagt.
"Der Zuwachs resultierte überwiegend aus einer gestiegenen Zuversicht für die kommenden sechs Monate", sagte Postbank-Volkswirt Heinrich Bayer. Aber auch der Lageindex zeigte nach oben.
Ifo-Chef Hans-Werner Sinn begründete den Anstieg damit, dass die Unternehmen zufriedener mit der aktuellen Lage sind und weniger pessimistisch in die Zukunft blicken. "Die deutsche Konjunktur stemmt sich gegen die Eurokrise", sagte Sinn.
Der Unterindex der aktuellen Lage stieg um 0,9 Zähler auf 108,1. Der Index für die Geschäftserwartungen verbesserte sich deutlicher um zwei volle Punkte auf 95,2 Zähler. In beiden Fällen hatten die Analysten auf einen Rückgang getippt.
Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen will trotz der Überraschung keine Trendwende ausrufen. In der Regel geschieht das erst, wenn sich die Stimmung drei Monate in Folge aufhellt. Solveen sieht neben dem ifo aber auch den stärkeren Einkaufsmanagerindex für die Industrie als ein gutes Zeichen für die deutsche Konjunktur. Im vierten Quartal rechnet er trotzdem mit einem leichten Schrumpfen der Wirtschaftsleistung.
Sein Kollege Alexander Krüger warnt auch vor zu viel eitel Sonnenschein. "Der Einbruch in den letzten Monaten war deutlich", sagte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. Er sieht seine Prognose bestätigt, dass es erst im Frühjahr wieder bergauf gehen wird.
Positiv für die Konjunktur ist, dass in allen drei berücksichtigten Wirtschaftszweigen weniger pessimistisch auf die nächsten Monate geschaut wird. Sowohl Industrie, Handel und Bau rechnen mit besseren Geschäften. In der Industrie drehten die Exporterwartungen nach drei Monaten wieder in den grünen Bereich.
Anders als in der gewerblichen Wirtschaft hat sich die Stimmung im deutschen Dienstleistungsgewerbe im November weiter eingetrübt. Der Geschäftsklimaindex für die Branche sank auf 8,5 Zähler, wie das ifo Institut mitteilte.
Indessen ist die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal nur noch leicht gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg zwischen Juli und September preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Das Statistische Bundesamt (Destatis) bestätigte damit erwartungsgemäß seine Vorabschätzung. Im ersten Quartal war das BIP um 0,5 Prozent und im zweiten Quartal um 0,3 Prozent gewachsen.
Auch im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Wirtschaftswachstum seit Jahresbeginn verlangsamt: Das preisbereinigte BIP stieg um 0,4 Prozent. Der vergleichsweise geringe Zuwachs geht wie schon im zweiten Quartal unter anderem auf einen Kalendereffekt zurück: Im dritten Quartal gab es einen Arbeitstag weniger als ein Jahr zuvor, dies wirkte sich negativ auf das BIP-Wachstum aus. Kalenderbereinigt wuchs das BIP um 0,9 Prozent.
Positive Nachrichten kamen aus dem Exportgeschäft, während der heimische Markt gemischte Signale sendete. Die Investitionen in Maschinen und Anlagen wurden wegen der Unsicherheit durch die Schuldenkrise in Europa weiter zurückgefahren, während der Konsum zunahm.
Für den Jahresabschluss sind die Auguren dennoch pessimistisch. Im Bundesfinanzministerium stellt man sich auf einen konjunkturell frostigen Winter ein. Angesichts der Abwärtstendenz dürfte es im Winterhalbjahr zu einer "temporären Konjunkturdelle" kommen, erwarten die Konjunkturexperten von Wolfgang Schäuble (CDU).
Schon am Mittwoch hatte der deutsche Einkaufsmanagerindex, der als Vorlaufindikator für das BIP gilt, ein Warnsignal für das vierte Quartal ausgestrahlt. Zwar konnte die Industrie den Abwärtstrend bremsen, doch das Dienstleistungsgewerbe beschleunigte seine Talfahrt. Markit-Volkswirt Tim Moore reihte sich deshalb in die Riege der Pessimisten ein: "Unsere November-Umfrage zeigt, dass die deutsche Wirtschaft das Jahr wohl in kläglichem Zustand beenden dürfte. Die Krise der Eurozone setzt der Binnenwirtschaft und dem Verbrauchervertrauen gleichermaßen zu."
Doch nach der steilen Abwärtsfahrt, die seit dem Frühjahr zu beobachten ist, verspricht der ifo-Index nun eine Wende für die deutsche Wirtschaft. Zwar dürfte das BIP im Schlussquartal dieses Jahres stagnieren oder bestenfalls ein minimales Wachstum aufweisen, erwartet Allianz-Ökonom Rolf Schneider. "Allerdings stehen die Chancen, dass die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal nächsten Jahres wieder spürbar an Fahrt gewinnt, nun recht gut", resümierte der Experte. "Konjunkturpessimismus ist nicht angesagt."
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/chg/sgs/apo
(END) Dow Jones Newswires
November 23, 2012 06:21 ET (11:21 GMT)
Copyright (c) 2012 Dow Jones & Company, Inc.- - 06 21 AM EST 11-23-12

Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!