05.06.2013 17:44:31

UPDATE: Siemens will Energiewende neu aufsetzen

   --Siemens-Änderungen könnten bis 2030 mehr als 150 Milliarden Euro einsparen

   --Dafür ist Umbau des Strommarkts, Steigerung der Energieeffienz und europäische Koordination notwendig

   --Siemens orientiert sich dabei auch an Vorschlägen anderer Länder

   (NEU: weitere Details)

   Von Ursula Quass

   Der Technologiekonzern Siemens will einige Stellschrauben am Konzept zur Energiewende in Deutschland ändern und verspricht Einsparungen in Milliardenhöhe. Bis zum Jahr 2030 ließen sich mit den Vorschlägen der Münchener mehr als 150 Milliarden Euro einsparen. Dafür müssten aber der Strommarkt umgebaut, die Energieeffizienz gesteigert und die Energiewende auch europäisch abgestimmt werden, erklärte Siemens-Chef Peter Löscher.

   Die Bundesregierung hat die Energiewende in Deutschland nach der Atomkatastrophe von Fukushima ausgerufen. Das Vorhaben wirft allerdings zunehmend Fragen auf. Politiker diskutieren etwa, wie sich die Kosten für die Stromkunden begrenzen lassen. Betreiber von Solar- und Windkraftanlagen erhalten derzeit eine feste Einspeisevergütung. Das führt zu steigenden Strompreisen für die Verbraucher.

   Völlig neu erfindet der Konzern mit seinen Vorschlägen das Rad nicht: Löscher nimmt viele Anleihen aus anderen Ländern. So müsste bei der Energiewende auf ein festes Ausbauziel der erneuerbaren Energien verzichtet und stattdessen die CO2-Reduzierung in den Mittelpunkt gestellt werden, regte der Manager in Berlin an. Diese Forderung hatte vor Kurzem bereits die britische Regierung gestellt.

   Stärker als bisher sollte auf hocheffiziente Gas- und Dampf-Kraftwerke und auf Windenergie gesetzt werden. Das passt auch - wie sollte es anders sein - in das Siemens-Geschäftsmodell: Der Konzern engagiert sich hier stark, hat dagegen seinen Ausstieg aus der Solarenergie angekündigt.

   "Das Klimaziel lässt sich bis 2030 mit weniger Erneuerbaren zu deutlich geringeren Kosten erreichen", rechnete Löscher vor. Ein Strommix mit 40 Prozent Ökostrom - statt der geplanten 50 Prozent bis 2030 - sei auch ökologisch sinnvoll.

   Derzeit beschreite Deutschland den "denkbar teuersten Weg einer Energiewende". Die Strompreise würden derzeit wegen der massiven Förderung erneuerbarer Energien in die Höhe getrieben. Löscher schlägt dagegen vor, dass erneuerbare Energien künftig ohne Subventionen am Markt bestehen müssten.

   Zudem müsse an Stelle des Einspeisevorrangs eine Einspeiseverantwortung treten. Bislang haben erneuerbare Energien Vorrang bei der Einspeisung ins Netz gegenüber konventionell erzeugter Energie aus Gas- und Dampf- oder Kohlekraftwerken. Löscher forderte hier ein Umdenken: Die Anbieter von Strom aus erneuerbaren Energien müssten künftig ihren Strom genauso zuverlässig vermarkten wie jeder andere Anbieter auch. Um ihre Lieferversprechen einzuhalten, müssten sie sich wenn nötig mit flexiblen Kraftwerken - oder in Zukunft auch mit Speichern - absichern.

   Zudem empfahl Löscher eine gezieltere Vergabe von erneuerbaren Energien zum Beispiel durch Auktionen. Wie bereits in Ländern wie Dänemark und den Niederlanden praktiziert, solle den Zuschlag für den Bau eines neues Investors derjenige Investor erhalten, der die geringste Einspeisevergütung verlange. Diese Forderung ist auch von Seiten der Versorger immer wieder zu hören.

   Zudem trat Löscher für eine Fixkosten-Umlage ein: "Wir wollen, dass Verbraucher entsprechend ihrer Anschlussleistung am öffentlichen Netz einen Fixbetrag bezahlen - unabhängig von der tatsächlich bezogenen Strommenge." Damit würden die Kosten des Stromsystems gerechter verteilt - bislang sei dies nicht der Fall. Denn derzeit zahlt die Netzinfrastruktur nur voll mit, wer selbst keine Möglichkeit hat, Strom zu produzieren und ins Netz einzuspeisen.

   Allerdings gehen immer mehr Privatleute dank der Förderung von Photovoltaikanlagen am heimischen Hausdach dazu über, einen Teil ihres benötigten Stroms selbst zu erzeugen. Auch immer mehr Betriebe bauen sich ihre eigene Energieversorgung auf. Siemens will über einen Fixbetrag für alle die Kosten für den Betrieb und Erhalt der Netzinfrastruktur wieder auf allen Schultern verteilen.

   Eine Reform des bisherigen Konzepts ist nach Ansicht von Siemens dringend erforderlich. Schon heute zahlten private Konsumenten und Industriekunden doppelt so viel pro Kilowattstunde Strom wie im Jahr 2000. "Wenn die Energiewende so weiterläuft wie bisher, wird die Stromrechnung einer 4-köpfigen Familie 2020 um 400 Euro pro Jahr höher ausfallen", rechnete Löscher vor. Die deutsche Wirtschaft könne sich momentan auf eine starke Industrie stützen. "Hohe Energiepreise können dieses solide Fundament unterspülen."

   Mitarbeit: Jan Hromadko und Hendrik Varnholt

   Kontakt zur Autorin: ursula.quass@dowjones.com

   DJG/uqu/kla

   (END) Dow Jones Newswires

   June 05, 2013 11:14 ET (15:14 GMT)

   Copyright (c) 2013 Dow Jones & Company, Inc.- - 11 14 AM EDT 06-05-13

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!