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25.06.2017 15:02:39

UPDATE/Schulz wirft Merkel Anschlag auf Demokratie vor

   --Kanzlerin setzte bewusst auf Einschläferung der Wahlkampfs

   --Schulz grenzt SPD klar zur Union ab

   --Schulz reitet Attacke gegen Präsident Erdogan

   (NEU: Mehr Schulz zu Steuern, Ehe für alle, Investitionen, Bundeswehr)

   Von Christian Grimm

   BERLIN/DORTMUND (Dow Jones)--Kanzlerkandidat Martin Schulz hat auf dem Wahlparteitag der SPD Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hart attackiert. Er warf ihr und der CDU vor, sich systematisch der Debatte um die Zukunft des Landes zu verweigern. "Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie", rief Schulz den 6.000 Anhängern in der Dortmunder Westfalenhalle zu.

   Die Union setzte allein auf die Person Merkels, so Schulz, habe im Wahlkampf aber darüber hinaus wenig zu bieten und lege es auf ein bewusstes Absinken der Wahlbeteiligung an. "CDU und CSU wollen sich durchwursteln", kritisierte der SPD-Chef gleich zu Beginn seiner kämpferischen Rede. Das habe in der Vergangenheit geklappt, "nicht mehr im Jahre 2017".

Schulz geißelt bei CDU/CSU Arroganz der Macht Als konkretes Beispiel nannte er die Diskussion um die Zukunft der Rente. Kanzlerin Merkel hält das Thema nicht für aktuell, weil das Rentensystem bis 2030 sicher finanziert sei. "Das ist Arroganz der Macht und nichts anderes", schimpfte Schulz. Die Rente sei eine zentrale Gerechtigkeitsfrage in der Gesellschaft. In Wahrheit plane die Union die Anhebung des Rentenalters, fürchte aber die Debatte darüber. Schulz wiederholte sein Versprechen an die künftigen Ruheständler, das Rentenniveau auf dem heutigen Stand festzuschreiben trotz alternder Gesellschaft. Eine Heraufsetzung des Rentenalters auf 70 Jahre werde es mit ihm nicht geben.

   Er warf der Union in seiner 80-minütigen Rede außerdem vor, mit den geplanten, zweistelligen Milliardeninvestitionen in die Bundeswehr die Sicherheit in Europa mittelfristig zu gefährden. "Die CDU und die CSU setzen auf Aufrüstung", konstatierte Schulz. Die Truppe müsse mehr Mittel bekommen, dürfe aber nicht zur weithin dominierenden Armee des Kontinents werden.

   Auch gesellschaftspolitisch legte er seine Zurückhaltung gegenüber dem Noch-Koalitionspartner ab, wie es viele in seiner Partei schon länger gefordert hatten. "CDU und CSU verharren in ihren alten Rollenbilder" und "treiben einen Keil in die Gesellschaft mit ihrem Leitkulturgefasel", griff der 61-Jährige die Union an. Er werde keinen Koalitionsvertrag unterschrieben, in dem nicht das Recht der "Ehe für alle" enthalten sei, kündigte er an.

"Starke Schultern müssen mehr tragen" Wirtschaftlich verteidigte der Merkel-Herausforderer das SPD-Konzept zur Steuerreform gegen Attacken aus anderen Parteien. "Wir schaffen mehr Gerechtigkeit im System, weil starke Schultern mehr tragen müssen." Die Sozialdemokraten wollen ab 2020 den Solidaritätszuschlag für untere und mittlere Einkommen abschaffen. Außerdem soll der Spitzensteuersatz erst später greifen. Insgesamt sollen die Wähler um 15 Milliarden Euro entlastet werden.

   Im Gegensatz dazu sollen Gutverdiener und Wohlhabende mehr zahlen. Der SPD gelang es im Vorfeld des Parteitags, einen Streit um die Wiedereinführung der Vermögensteuer zu entschärfen. Während der Kanzlerkandidat diese ablehnt, bestehen der linke Flügel und die Parteijugend (Jusos) auf einer Neuauflage. Eine Kommission soll nun nach der Wahl über das Thema beraten.

   Lang sprach Schulz über Investitionen. Seine Partei will im Falle eines Wahlsiegs in der kommenden Legislaturperiode 30 Milliarden Euro mehr in Schulen und schnelles Internet investieren, dabei aber ohne neue Schulden auskommen. "Ein schnelles Netz ist die entscheidende Frage für die Zukunft Deutschlands", mahnte er.

Frontalangriff auf Erdogan Stehenden Beifall erhielt Schulz für eine frontale Attacke auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der SPD-Spitzenmann nannte es einen Skandal, dass Tausende Oppositionelle und weit über hundert Journalisten in Haft sitzen. "Herr Erdogan, geben sie diese Leute frei und wenn möglich noch heute", verlangte Schulz direkt vom türkischen Präsidenten.

   SPD-Altkanzler Gerhard Schröder hatte die Genossen in seinem Grußwort zuvor ermuntert, die verbleibenden drei Monate bis zur Wahl Ende September kampfesmutig und geschlossen anzugehen. "Wenn wir in den nächsten Woche alle Kräfte mobilisieren, dann können wir unser Ziel erreichen", sagte Schröder. Nur wer das Kanzleramt wirklich wolle, werde es auch bekommen. "Auf diesem Weg in dieses Amt darf es keine Selbstzweifel geben - nicht bei dem Kandidaten, aber auch nicht bei der deutschen Sozialdemokratie", appellierte der Altkanzler. Mit Martin Schulz könne Europa gemeinsam mit dem neuen französischen Staatschef Emmanuel Macron am besten wiederaufgerichtet werden.

   Die in den Umfragen abgestürzte SPD will in Dortmund die Aufholjagd starten. In den Umfragen liegt sie bis zu 15 Prozentpunkte hinter CDU und CSU. Nachdem der Kanzlerkandidat am Jahresanfang die Partei in den Umfragen nach oben katapultiert hatte, folgte im Frühjahr der jähe Absturz. Schulz gelang es zumindest auf dem Parteitag, die Durststrecke hinter sich zu lassen und Hoffnung zu verbreiten. Mit zehn Minuten Applaus und "Martin, Martin"-Rufen feierten Delegierte, Mitglieder und Anhänger seinen Auftritt.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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   June 25, 2017 08:31 ET (12:31 GMT)

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