20.02.2025 06:25:38
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Ukrainischer Botschafter: Verzicht auf Neuwahl in Kriegszeiten normal
BERLIN (dpa-AFX) - Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, hat den Vorwurf der USA und Russlands zurückgewiesen, Präsident Wolodymyr Selenskyj sei ein Diktator und nicht demokratisch legitimiert. Dass wegen des russischen Angriffs auf sein Land das Kriegsrecht gelte und es deshalb keine Neuwahl geben könne, sei keine ukrainische Besonderheit, sagte Makeiev in den ARD-"Tagesthemen" am Mittwoch. "Das ist die gängige Praktik in vielen Ländern der Welt, und auch in Deutschland."
Tatsächlich ist in Artikel 115h des Grundgesetzes festgelegt, dass Wahlperioden des Bundestags, die eigentlich in Kriegszeiten ablaufen würden, erst sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalls enden. Bei den Amtszeiten von Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts sind es ebenfalls sechs, im Falle des Bundespräsidenten sogar neun Monate.
"Im Frieden werden wir natürlich Wahlen veranstalten"
"Sogar die Oppositionsparteien in der Ukraine sehen heute keine Möglichkeit, demokratische Wahlen zu veranstalten", sagte Makeiev. "Im Frieden werden wir natürlich Wahlen veranstalten."
Umfragen belegen, dass auch drei Jahre nach Beginn der russischen Invasion immer noch mehr als die Hälfte der Ukrainer hinter Präsident Selenskyj steht. Allerdings steigt der Anteil derjenigen beständig, die sich ein Ende des Krieges über Verhandlungen und Kompromisse wünschen. Unabhängig davon besteht die Sorge, dass Moskau Wahlen im - teils russisch besetzten - Nachbarland manipulieren und eine kremltreue Marionetten-Regierung an die Macht bringen könnte.
"Kommen Sie mal in die Ukraine..."
Russland und neuerdings auch die US-Regierung argumentieren, dass Selenskyjs Amtszeit bereits im Mai vergangenen Jahres ausgelaufen sei und in der Ukraine Neuwahlen überfällig seien. Die Legitimität Selenskyjs wird damit in Zweifel gezogen, US-Präsident Donald Trump nannte ihn sogar einen "Diktator". Kiew hingegen betont, dass die Vollmachten des Präsidenten durch das geltende Kriegsrecht weiter in Kraft seien - und es in der Ukraine seit 1991 sechs verschiedene Präsidenten gegeben habe, in Russland dagegen nur zwei.
Auf die Frage, warum Trump die russische Darstellung übernehme, antwortete Makeiev in der ARD, er könne dazu zwar nicht viel sagen. "Wir wissen aber, dass Russland sehr aktiv mit Propaganda die westlichen Gesellschaften zu verunsichern versucht - und das mag auch der Grund sein, dass die russischen Narrative weiter verbreitet werden."
Für Kommentatoren außerhalb des Kriegsgebiets habe er einen Ratschlag: "Kommen Sie mal in die Ukraine und erleben Sie zwei, drei Tage in der Ukraine, um zu begreifen, was es heißt, im 21. Jahrhundert unter Luftalarm-Sirenen, Drohnen- und Raketenangriffen weiter demokratisch regieren zu können und Freiheit schützen zu müssen."/mk/DP/zb
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