15.09.2014 19:07:58
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Südwest Presse: LEITARTIKEL zu LANDTAGSWAHLEN Ausgabe vom 16.09.2014
Ausgabe vom 16.09.2014 Es entbehrt nicht einer feinen Prise
Ironie, dass sich Angela Merkel, die ihre Politik gern als
alternativlos deklariert, ab sofort etwas intensiver mit einer
konkurrierenden Partei auseinandersetzen muss, die den Anspruch, eine
Alternative zur herrschenden Mehrheit in Deutschland zu sein, sogar
ganz unbescheiden in ihrem Namen trägt. Die Bundeskanzlerin, das
steht nach dem Einzug der AfD ins Europa-Parlament sowie in die
Landtage von Sachsen, Thüringen und Brandenburg wohl erst einmal
fest, wird diesen neuesten Spross in der parteipolitischen Landschaft
der Republik künftig nicht weiter einfach ignorieren können, wie es
die CDU-Chefin in den zurückliegenden Monaten so unnachahmlich
gepflegt hat. Zwar wird sich noch herausstellen, ob die AfD bloß eine
vorübergehende Protestbewegung ist, ein rückwärtsgewandtes
Sammelsurium nationalkonservativer, rechtspopulistischer und
europafeindlicher Wutbürger, oder ein dauerhafter Wettbewerber für
die Altparteien, bieder zwar und heterogen, aber gut organisiert und
ohne abschreckenden Effekt auf einen beachtlichen Teil der Wähler.
Eine gemäßigte Variante früherer Gruppierungen vom rechten Rand des
Parteienspektrums - Republikaner, Schill-Partei, DVU - könnte sich
womöglich auch dann langfristig etablieren, wenn sie anders als
ausländische Vorbilder nicht von charismatischen Figuren angeführt
würde, sondern von farblosen Männern wie den CDU-Dissidenten Bernd
Lucke und Alexander Gauland. Jedenfalls lässt sich die AfD nicht
länger totschweigen, diese Einsicht ist in Merkels Union angekommen.
Mag die Kanzlerin unverdrossen daran glauben, dass sie sich den
Nebenbuhler von rechts allein durch gutes Regieren in Bund und
Ländern vom Leibe halten kann - ihre Partei lässt sich von diesem
Ammenmärchen nicht mehr einlullen. Die von ihrer ostdeutschen
Frontfrau Zug um Zug in die gesellschaftliche Mitte bugsierte CDU
erkennt, dass die Preisgabe traditioneller Positionen zwar die
Vormachtstellung der Union gegenüber der SPD gefestigt, zugleich aber
Platz für die AfD geschaffen hat. Das Vertrackte an den tektonischen
Verschiebungen im deutschen Parteiengefüge ist nun, dass CDU und SPD
immer öfter genötigt sein werden, schwarz-rote Bündnisse einzugehen
gegen ihren Willen und auf Kosten einer vitalen parlamentarischen
Demokratie. Wenn große Koalitionen, die zahlenmäßig allerdings stetig
kleiner werden, wie in Österreich der Normalfall sind und nicht
länger die Ausnahme, wenn sich die beiden ehedem dominanten
Volksparteien durch gemeinsames Regieren programmatisch noch stärker
angleichen und in die Mitte drängen, müssen sich CDU und SPD nicht
wundern, wenn ihre Konkurrenten zur Rechten und Linken unablässig
Zulauf erhalten. Was aber hilft gegen dieses doppelte Dilemma? Gewiss
nicht, dass die Union dabei zuschaut, wie die AfD weiterhin den
diffusen Unmut über die Politik in Berlin und Brüssel auf ihre Mühlen
lenkt. Und sicher nicht, wenn sich die SPD fatalistisch in ihrer
Rolle als Mehrheitsbeschaffer der CDU einrichtet. Die Union muss
stattdessen endlich klar machen, dass es bei allem
Modernisierungsbedarf immer noch einen Unterschied zwischen
sozialdemokratischer und konservativer Politik gibt, zwischen Rechts
und Links. Und die SPD sollte den Mut aufbringen, sich inhaltlich
erkennbarer von der Union abzusetzen und andere Machtoptionen als
Schwarz-Rot dort zu realisieren, wo es vielleicht anstrengend, aber
erfolgversprechend erscheint.
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Pressekontakt: Südwest Presse Ulrike Sosalla Telefon: 0731/156218
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