Historische Fehler |
06.11.2022 16:43:00
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Star-Ökonomen Mohamed El-Erian und Jeremy Siegel mit harscher Kritk an Fed: Rezession wäre "absolut vermeidbar" gewesen
• El-Erian und Jeremy Siegel werfen Powell gravierende Fehler vor
• El-Erian: Rezession wäre "absolut vermeidbar" gewesen
Im Kampf gegen die hohe Inflation hat die US-Notenbank die Leitzinsen in diesem Jahr bereits sechsmal erhöht - eine weitere Erhöhung auch im Dezember gilt als sicher. Ebenso sicher ist für viele Beobachter, dass die US-Wirtschaft aufgrund der straffen Geldpolitik in eine Rezession abrutschen wird. Das scheint auch den Währungshütern selbst bewusst zu sein, denn auch die Ausdrucksweise von Fed-Chef Jerome Powell habe sich laut Allianz-Chefberater Mohamed El-Erian diesbezüglich verändert, denn statt von einer weichen Landung der US-Wirtschaft, spreche dieser jetzt von "Schmerz", auf den man sich einstellen müsse. Dieser Schmerz sei jedoch nichts anderes als der Preis dafür, dass die Fed zu spät dran sei, sagte El-Erian beim US-Sender "CBS". Denn eine Rezession in den USA wäre seiner Meinung nach "absolut vermeidbar" gewesen, wenn die Fed früher und angemessener reagiert hätte.
El-Erian: Die Fed hat zwei große Fehler gemacht und riskiert gerade den dritten
Der Top-Ökonom wirft den US-Währungshütern um Jerome Powell vor allem zwei gravierende Fehler vor, die zu der heutigen Situation geführt hätten und seiner Meinung nach "in die Geschichtsbücher eingehen werden". Als ersten Fehler der Fed zählte El-Erian im Interview mit "CBS" auf, dass diese die Inflation fälschlicherweise als vorübergehend bezeichnet hatte. Damit hätte sich die US-Notenbank auf die Meinung versteift, dass die Inflation "temporär ist, sie ist umkehrbar, mach dir keine Sorgen", so der Experte. Der zweite Fehler sei dann im Anschluss passiert, als die Fed die Inflation doch als "anhaltend und hoch" erkannt, aber zunächst nichts getan habe. "Sie haben nicht gehandelt. Sie haben nicht sinnvoll gehandelt", kritisierte der Chefberater der Allianz.
An diese "zwei großen Fehler der Fed, die in die Geschichtsbücher eingehen werden", schließe sich laut Mohamed El-Erian momentan noch das Risiko eines dritten an. Denn anstatt bereits in 2021 den Fuß behutsam vom Gas zu nehmen, trete die Fed nun in diesem Jahr massiv auf die Bremse - und auch das werde sich "als großer politischer Fehler der Fed erweisen". Sollte die Fed diesen Kurs beibehalten, werde sie die USA in eine Rezession treiben, ist sich El-Erian sicher. "Wir befinden uns in dieser unglaublichen Situation, in der gute Nachrichten für die Wirtschaft schlechte Nachrichten für die Märkte sind. Denn die Märkte sind besorgt, dass die Federal Reserve uns in eine Rezession stürzen wird, indem sie auf starke Wirtschaftsnachrichten überreagiert", so der Ökonom bei "CBS". Seiner Meinung nach sei die Frage momentan nicht, ob die Inflation nach unten gehen werde, denn das werde sie, sondern ob dies lediglich mit einer wirtschaftlichen Verlangsamung oder einer bedeutenden Rezession geschehen werde. Er befürchte dabei, dass man gerade mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine zerstörerische Rezession riskiere, die "absolut vermeidbar gewesen wäre".
Fed muss Glaubwürdigkeit zurückgewinnen
Auch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter äußerte Mohamed El-Erian heftige Kritik an der Fed. "Eine unabhängige Federal Reserve ist entscheidend für das Wohlergehen der US-Wirtschaft. Allerdings wird es schwieriger, eine solche Unabhängigkeit zu rechtfertigen, wenn vier große operative Fehler (Analyse, Prognose, Maßnahmen und Kommunikation) mit einem Mangel an Rechenschaftspflicht einhergehen", schrieb er in einem Tweet.
An independent #FederalReserve is critical to the well-being of the US #economy. Having said that, it is getting harder to justify such independence when four big operational errors (of analysis, forecasts, actions and communication) are accompanied by a lack of accountability.
- Mohamed A. El-Erian (@elerianm) October 17, 2022
Die Aufgabe der Fed sei es daher aktuell nicht nur, den Schaden zu beheben, den das zu lange Zögern verursacht habe, und die Inflation unter Kontrolle zu bringen, sondern auch ihren Ruf und ihre Glaubwürdigkeit wieder herzustellen.
Jeremy Siegel wirft Fed "armselige Geldpolitik" vor
Neben El-Erian sparte auch Wharton-Professor Jeremy Siegel in letzter Zeit nicht mit Kritik an der US-Notenbank. Auch er monierte, dass die Fed viel früher mit der Straffung hätte beginnen müsse und nun - bei dem Versuch dieses Versäumnis auszubügeln - viel zu hart auf die Bremse trete. "Die letzten zwei Jahre [sind] einer der größten politischen Fehler in der 110-jährigen Geschichte der Fed, indem sie so locker geblieben sind, als alles boomte", sagte Siegel bereits Ende September gegenüber "CNBC".
Wenn die Fed nun noch so straff bleibe, wie sie es sage, und die Zinsen bis Anfang 2023 weiter anhebe, seien die Rezessionsrisiken extrem hoch, so der Experte weiter. Denn damit würden die Währungshüter erneut den gleichen Fehler machen wie vor einem Jahr, nur auf der anderen Seite. "Sie waren 2020 und 2021 viel zu locker, und jetzt: 'Wir werden wirklich harte Jungs sein, bis wir die Wirtschaft zerschmettern'", kritisierte Siegel im "CNBC"-Interview. Das "armselige Geldpolitik" zu nennen, sei seiner Meinung nach noch untertrieben.
Redaktion finanzen.at
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