Von Idylle keine Spur |
23.02.2014 03:00:00
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Schweiz: Votum gegen die Börse
Die Schweiz macht die Schotten dicht. Auf den Bürgerentscheid gegen Massenzuwanderung haben die Aktiennotierungen in Zürich bislang zwar kaum reagiert - die spätestens in drei Jahren in Kraft tretende Zuzugsbeschränkung für Ausländer brachte lediglich Immobilienwerte wie etwa Allreal unter Druck-, mittelfristig aber drohen die möglichen Gegenmaßnahmen der EU die Gewinnaussichten der eidgenössischen Unternehmen zu trüben.
Zudem könnte die Bonität leiden. Fitch warnt bereits vor einer Herabstufung der Kreditqualität für die Schweiz sowie für die dortigen Banken, sollte das Land nachteilige Änderungen seiner aktuellen Abkommen mit der Europäischen Union hinnehmen müssen.
Obwohl die Schweiz nicht Teil des Binnenmarkts ist, kann sie dank bilateraler Verträge ihre Produkte leichter in die EU exportieren. Die Verträge mit Brüssel gewähren unter anderem auch Schweizer Fluglinien Zugang zum Luftverkehr der EU. Selbst die Forschung der Eidgenossen wird mit EU-Mitteln unterstützt. Allerdings hat die EU die Freizügigkeit des Waren- und Dienstleistungsverkehrs mit der personellen Freizügigkeit verknüpft. Kontingentiert die Schweiz nun die Ausländerquote, müssen die Verträge gekündigt und neu verhandelt werden.
Für die Schweiz steht viel auf dem Spiel. "Knapp 60 Prozent der Exporte gehen in die EU, rund 75 der Importe werden aus EU-Ländern bezogen", weiß David Marmet, Leiter Volkswirtschaft bei der Zürcher Kantonalbank. "Sollte im schlimmsten Fall der Zugang zum Binnenmarkt beschränkt werden, würde dies das Wachstum dämpfen."
Zudem sind Schweizer Unternehmen auf ausländische Fachkräfte angewiesen. Von den 12.000 Arbeitnehmern, die etwa der Pharmakonzern Roche in der Schweiz beschäftigt, stammen rund 60 Prozent aus dem Ausland. Auch in der Industrie und in der Finanzbranche sind Nichtschweizer stark vertreten, nicht selten in Top-Positionen. So wird die Bank UBS vom ehemaligen Präsidenten der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, geführt. Auch bei Novartis steht mit Jörg Reinhardt ein Deutscher an der Spitze.
"Bei einer Zuzugsregelung dürfte es für die Unternehmen administrativ aufwendiger und damit auch teurer werden, ausländische Fachkräfte und Spitzenmanager für einen Job in der Schweiz zu rekrutieren", erklärt Marmet.
Dass die Entscheidung vom vorvergangenen Sonntag der Attraktivität des Standorts Schweiz schaden kann, glaubt auch Ralf Rybarczyk, Fondsmanager des DWS Aktien Schweiz: "Die Verunsicherung ist bei den Unternehmen seit dem Votum gewachsen. Es ist nicht auszuschließen, dass Investitionsvorhaben nun zurückgehalten werden." Langfristig könnten Unternehmen auch erwägen, sich in anderen Staaten anzusiedeln.
Die Schweiz hat allerdings drei Jahre Zeit, den Volksentscheid umzusetzen. "Bis dahin kann die Regierung in Bern der EU in strittigen Fragen - etwa beim Thema Steuern oder in puncto Bankgeheimnis - entgegenkommen, um so Reaktionen aus Brüssel zu mildern", sagt Rybarczyk.
Die Investoren warten daher die weitere Entwicklung ab und konzentrieren sich derzeit vor allem auf Konjunkturdaten. Das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz dürfte in diesem Jahr um zwei Prozent zulegen, auch nimmt die Konjunktur in Europa Fahrt auf.
Doch viele Schweizer Unternehmen sind auch stark in den Schwellenländern engagiert. Dort aber schwächt sich die Dynamik ab. Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé etwa meldete am Donnerstag für 2013 den geringsten Zuwachs in den Emerging Markets seit vier Jahren.
Auch die mittlerweile hohen Bewertungen mahnen zur Vorsicht. Die Aufwärtsbewegung wird von immer weniger Titeln getragen. Eine Korrektur, zumindest aber eine deutliche Zunahme der Schwankungen, scheint nicht mehr fern.
Investor-Info
DWS ZI Aktien Schweiz
Schon gut gelaufen
Die Kursentwicklung des Schweizer Aktienmarktes wird von global operierenden Unternehmen wie Nestlé, Roche und Novartis entscheidend geprägt. Sie sind auch im DWS ZI Aktien Schweiz hoch gewichtet. Der Fonds erzielte auf Sicht von fünf Jahren 74 Prozent. Inzwischen sind Schweizer Bluechip-Werte nicht mehr günstig, das Aufwärtspotenzial ist beschränkt. Die aktuelle Schwäche der Schwellenländer und eine mögliche Eskalation des Streits mit der EU droht, Korrekturen auszulösen.
Vontobel Swiss Mid a. Small
Kein Schutz vor Volatilität
Fondsmanager Marc Hänni managt ein konzentriertes Portfolio von 30 bis 50 Unternehmen mit geringer bis mittlerer Marktkapitalisierung. Zu seinen aktuellen Favoriten zählt Actelion. Obwohl das Biotechunternehmen jüngst gute Zahlen vorlegte, reagierte der Aktienkurs kaum. Der Titel hatte in den vergangenen zwei Jahren bereits um knapp 150 Prozent zugelegt. Weniger spektakulär fiel der Kursanstieg bei den übrigen Werten im Portfolio aus. Daraus sollten Anleger aber keinen Schutz gegen mögliche Schwankungen ableiten.
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Aktien in diesem Artikel
Allreal AG | 149,60 | 5,95% | |
Nestlé SA (Nestle) | 91,00 | 0,53% | |
Novartis AG | 80,10 | -0,27% | |
Roche AG (Genussschein) | 246,45 | 0,10% |