02.12.2013 22:39:58

Schwäbische Zeitung: Ein Verbot hilft wenig - Leitartikel

Ravensburg (ots) - Regierungssprecher Steffen Seibert hat recht: Die NPD ist eine antidemokratische, fremdenfeindliche, antisemitische, verfassungsfeindliche Partei. Und es wäre anzumerken: Wer es unerträglich findet, dass sie über die Parteienfinanzierung an Steuergeld kommt, dass sie die Freiheitsrechte der Verfassung missbrauchen darf für ihre verfassungsfeindlichen Ziele, der liegt gefühlsmäßig richtig. Das demokratische Bauchgefühl sagt also: Es muss alles dafür getan werden, dass die Extremisten als Organisation von der politischen Bildfläche verschwinden. Der zweite Anlauf zu einem NPD-Verbot - diesmal vom Bundesrat auf den Weg gebracht - ist im Kern exakt so begründet. Aber Bauchgefühle haben ihre Tücken. Wer Für und Wider des Verbotsantrags kühl abwägt, der kommt zu einem anderen Ergebnis. Vor allem drei Gründe sprechen dagegen. Erstens: Der ungewisse Ausgang. Die Hürden für ein Parteienverbot sind extrem hoch gesetzt - auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der hält ein Parteiverbot nur bei akuter Bedrohung der verfassungsmäßigen Ordnung für rechtens. Ob der Ein-Prozent-Haufen NPD dazu in der Lage ist, erscheint sehr zweifelhaft. Sollten die Verfassungsrichter ein Verbot ablehnen, wäre das ein nachhaltig-schlimmer Marketing-Erfolg für die NPD. Zweitens: Die Propaganda-Bühne, die das Verbotsverfahren den Extremisten bietet. Sie werden in die Märtyrerrolle schlüpfen, sie werden möglicherweise
unabhängig vom Ausgang - neue Sympathisanten gewinnen. Und sie werden davon profitieren, dass sich das Verfahren sehr lange hinziehen wird. Drittens: Was wäre erreicht, wenn die NPD verboten würde? Antwort: leider nicht viel. Man kann eine Verbrecherorganisation verbieten, aber ihre Mitglieder sind damit nicht vom Erdboden verschwunden. Es wird wahrscheinlich nie gelingen, alle Extremisten zu Demokraten zu bekehren. Aber die Energie, die dieses Verbotsverfahren auffrisst, wäre besser investiert gewesen in Bemühungen, dem braunen Gestrüpp den Nährboden zu entziehen.

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