12.07.2015 21:34:45

Schicksal Griechenlands hängt weiter in der Schwebe

   Von Gabriele Steinhauser und Viktoria Dendrinou

   BRÜSSEL (Dow Jones)--Die Eurozone ist einem neuen Rettungspaket für Griechenland nähergekommen, doch das von den Staats- und Regierungschefs diskutierte Abkommen würde eine fast vollständige Kapitulation von der griechischen Regierung und Premier Alexis Tsipras erfordern. Für den Fall, dass Griechenland die Forderungen der Geldgeber akzeptiert und Tsipras einen Teil der Reformen bis Mitte der Woche durch das Parlament in Athen bringt, können Verhandlungen über ein neues Rettungspaket starten, heißt es in einer Beschlussvorlage der Eurogruppe.

   In der von den Euro-Finanzministern mühsam erarbeiteten Beschlussvorlage für den Gipfel, in die das Wall Street Journal Einblick hatte, heiß es, das griechische Parlament müsse bis Mittwoch eine Reform des Rentensystems sowie eine Erhöhung der Umsatzsteuer beschließen.

   In der Erklärung der Eurogruppe ist von einem möglichen Finanzbedarf Griechenlands von 82 bis 86 Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren die Rede. Die Institutionen hatten am Samstag den Bedarf nur auf 74 Milliarden Euro geschätzt.

   Trotz der Fortschritte hängt das Schicksal Griechenlands weiter in der Schwebe. Sollten die Gespräche über eine Rettung Griechenlands vor dem Staatsbankrott scheitern, wird in der Erklärung als alternatives Szenario ein befristetes Ausscheiden Griechenland genannt.

   Die Idee des befristeten Grexit, die in das Statement auf Wunsch Deutschlands kam, ist dort in Klammern aufgeführt, hieß es aus EU-Kreisen. Das bedeutet, dass nicht alle 19 Euro-Länder dahinterstehen.

   Eine Abstimmung im griechischen Parlament über die Reform- und Sparauflagen der Gläubiger könnte die linke Syriza-Partei von Tsipras spalten. Außerdem gibt es bislang keine Antwort, wie Griechenland die am 20. Juli bei der Europäischen Zentralbank (EZB) fälligen Staatsanleihen und Zinsen in Höhe von 4,2 Milliarden Euro bezahlen soll.

   In den letzten Wochen haben die Gläubiger den Großteil ihres Vertrauens in die griechische Regierung verloren, was sich auch an den vielen Details der Forderungen ablesen lässt. "Die wichtigste Währung ist verloren gegangen, und das ist Vertrauen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrer Ankunft zu dem Gipfel. "Es wird keine Einigung um jeden Preis geben", warnte sie.

   Tsipras zeigte sich optimistisch, dass trotz der schwierigen Forderungen der anderen 18 Euroländer eine Lösung gefunden werden kann. "Ich bin bereit für einen ehrlichen Kompromiss", sagte Tsipras bei seiner Ankunft in Brüssel. "Wir können ein Ergebnis erreichen, wenn alle Parteien das wollen."

   Die Zeit drängt, weil die finanzielle Lage in Griechenland immer prekärer wird. Die Krise der Banken wirkt sich immer stärker auf die Gesamtwirtschaft aus. Sie droht, die Wirtschaft des südeuropäischen Landes komplett abzuwürgen.

   Zuletzt hatte die Europäische Zentralbank (EZB) nochmals die Daumenschrauben angezogen. Die griechischen Banken müssen mehr Sicherheiten einreichen, um sich mit lebensnotwendigen Notkrediten eindecken zu können. Es ist unklar, wie lang sich die griechischen Geldhäuser noch über Wasser halten können.

   Die griechischen Banken sind seit zwei Wochen geschlossen. Die Geldabhebungen sind auf 60 Euro pro Tag und Konto beschränkt.

   Nach Angaben von Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis werden die Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland noch "einige Monate" in Kraft bleiben. Bei einer Einigung mit den internationalen Gläubigern über ein drittes Hilfspaket würden die Banken binnen einer Woche wieder öffnen, sagte der Minister am Samstagabend der BBC. Voraussetzung sei, dass die EZB ihr derzeit bei 89 Milliarden Euro gedeckeltes Nothilfeprogramm für die griechischen Banken, die sogenannten ELA-Kredite, aufstocke.

   (Mitarbeit: Andreas Plecko)

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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   July 12, 2015 15:04 ET (19:04 GMT)

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