18.04.2015 22:55:45
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Schäuble: Athen muss Voraussetzungen für Auszahlung schaffen
Von Andreas Kißler
WASHINGTON (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die griechische Regierung aufgefordert, die Voraussetzungen für eine Auszahlung der dringend benötigten Finanzmittel zu schaffen.
"Im eigenen griechischen Interesse wäre es gut, wenn Griechenland das tut, was es tun muss, damit wir da vorankommen", sagte Schäuble bei seiner Abschlusspressekonferenz der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. Dort hatten sich auch die Finanzminister und Notenbankchefs der zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) zu einer Sitzung getroffen.
Schäuble forderte Griechenland zu Erklärungen auf, wie es die Vereinbarungen erfüllen wolle. "Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir Auszahlungen vornehmen werden." Der deutsche Finanzminister zeigte sich aber skeptisch für Fortschritte beim informellen Euro-Finanzministertreffen Ende kommender Woche in Riga. "Es sieht nicht danach aus, dass es in Riga eine Lösung gibt", sagte er. Aber klar sei, "dass die Sache sich verschlechtert".
Schäuble zeigte sich aber in Reaktion auf Berichte über eine Vorabzahlung in Milliardenhöhe aus einem mit Russland vereinbarten Energiegeschäft an Athen grundsätzlich erfreut über die Möglichkeit eines Geldflusses an Griechenland. Gleichzeitig betonte er, die Vereinbarung nicht zu kennen.
"Ich freue mich für Griechenland", sagte er zu Journalisten am Rande der Tagung. "Ich kenne es nicht im Einzelnen, aber alles, was Griechenland hilft, ist gut. Ich freue mich für Griechenland, wenn es so ist." Allerdings ändere dies nichts an den grundlegenden Problemen Athens. "Ich glaube nicht, dass es die Probleme löst, die Griechenland hat bei der Erfüllung des Memorandum of understanding."
Draghi sieht Antwort in Athen
EZB-Präsident Mario Draghi forderte in Washington verbindliche Zusagen für Reformen von Griechenland und betonte, vor allem müsse es nun wieder einen funktionierenden politischen Dialog mit Athen geben. "Wir alle wollen, dass Griechenland Erfolg hat", sagte er. "Die Antwort ist in den Händen der griechischen Regierung."
Die erste Priorität liege in diesem Zusammenhang darauf, "einen gut funktionierenden Politikdialog und Politikprozess wiederherzustellen". Dies stand nach Draghis Angaben im Zentrum seiner Diskussionen zum Thema Griechenland am Rande der Tagung. Er verlangte "sehr viel mehr Arbeit" Athens. "Es ist dringend." Allerdings sei die Eurozone heute besser aufgestellt als 2010, 2011 oder 2012, "sollte die Krise eskalieren."
Schäuble hat die Erwartungen an eine schnelle Vereinbarung in der Griechenland-Krise bereits vor der Washingtoner Tagung und auch in deren Verlauf stetig gedämpft. Am Samstag betonte er jedoch, er sei "immer optimistisch", dass die Probleme in Griechenland gelöst werden könnten. "Da hat es hier nichts gegeben, was mich darin verändert hat", sagte der Finanzminister.
Griechenland will neue Vereinbarung bis Ende Juni
Die Lage in dem vor dem Staatsbankrott stehendem Land stand bei dem Treffen gar nicht offiziell auf der Tagesordnung. Doch es nahm am Ende doch eine größere Rolle in den Diskussionen am Rande der Tagung ein.
Unter anderem heizte der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis die Debatte mit einem Vortrag in Washington neu an, in dem er eine Unterzeichnung der bestehenden Vereinbarung mit den Gläubiger-Institutionen erneut als "falsch" bezeichnete und eine Änderung der Bedingungen verlangte, zu denen das Land Hilfen von seinen Geldgebern bekommen kann. Er sprach dabei von einer neuen Vereinbarung bis Ende Juni.
Um die Liquidität bis dahin sicherzustellen, soll Griechenland die berichtete Milliardenzahlung aus Russland erhalten. Der IWF hat bei der Tagung bereits betont, mögliche Verhandlungen über weitere Notfinanzmittel für Athen dürften wahrscheinlich mehrere Wochen in Anspruch nehmen. "Wir können die Überprüfung nicht auf der Grundlage von ein paar Maßnahmen abschließen", sagte IWF-Europachef Poul Thomsen. "Und das wird eindeutig mehrere weitere Wochen an Diskussionen dauern."
Die Gespräche über die von den Gläubigern geforderten griechischen Reformzusagen im Gegenzug für weitere Finanzmittel sind jüngst in eine Sackgasse geraten. Die linksgerichtete Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras verweigert vor allem weitere Änderungen am Pensions- und am Arbeitsmarktsystem des Landes. Die internationalen Gläubiger des Landes sind aber überzeugt, dass weitere Reformen nötig sind. Dazu werden nun wieder technische Gespräche zwischen Griechenland und den Gläubiger-Institutionen geführt.
G20 warnen vor Risiken für die Weltwirtschaft
Thema bei dem Washingtoner Frühjahrstreffen waren laut Schäuble auch die Folgen der gegenwärtig laxen Geldpolitik und der hohen Verschuldung. Die ultralockere Geldpolitik hat schon länger zu Warnungen Schäubles geführt. Auch die inzwischen bessere weltweite Wachstumsentwicklung war Thema der Debatten in Washington.
In einer Erklärung nach ihrer Tagung warnten die G20 allerdings vor möglichen Bedrohungen für die weltweite Wirtschaftsentwicklung und bezeichneten das Wachstum als noch zu gering und unausgewogen. Sie zeigten sich unter anderem beunruhigt über die Risiken von Währungsschwankungen, niedriger Inflation und hohen Schuldenständen für die Weltwirtschaft.
Gleichzeitig unterstützten die G20 aber die Rolle der gegenwärtig niedrigen Zinsen für die Ankurbelung des Wachstums. "In vielen fortgeschrittenen Volkswirtschaften sind akkomodierende Geldpolitiken nötig, um die Inflationserwartungen zu verankern und die Erholung zu stützen", stellten die Finanzminister und Notenbankchefs der Gruppe fest.
Sie forderten zudem Investitionsstrategien bis zu ihrem nächsten Treffen im September, um das aus ihrer Sicht immer noch zu geringe und unausgewogene Wachstum grundsätzlich voranzutreiben.
Weidmann sieht Verschiebung des Fokus
Schäuble sagte, angesichts einer "entspannteren" Wirtschaftslage hätten sich die Politikverantwortlichen stärker "vertieften Debatten über den richtigen Mix, die richtige Balance von Geldpolitik, Finanzpolitik und Strukturreformen" widmen können. Die Differenzen seien sehr viel geringer geworden. "Es wird nicht mehr bestritten, dass nachhaltige Finanzpolitik auch von einer entscheidenden Bedeutung für nachhaltiges Wachstum ist, und dass wir den richtigen Mix brauchen."
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann nannte es "erstaunlich", wie sich der Fokus seit dem letzten Treffen verschoben habe. In den wirtschaftspolitischen Diskussionen seien nun auch "immer mehr die unbeabsichtigten Folgen der ultraexpansiven Geldpolitik" in den Vordergrund gerückt.
So wurde laut Weidmann besprochen, wie die Risikobereitschaft an den Finanzmärkten zugenommen habe, ohne dass man in der Realwirtschaft Ähnliches habe beobachten können. Nach Auffassung des IWF sei die Geldpolitik an ihre Grenzen gestoßen. "Die generelle Wahrnehmung war, dass die Geldpolitik das Ihrige getan hat."
Draghi sprach von dem "Beginn eines Aufschwungs" und betonte, die harten und die weichen Indikatoren in der Eurozone zeigten aufwärts. "Treiber sind der niedrige Ölpreis und die geldpolitischen Entscheidungen", konstatierte der EZB-Präsident und erwartete, dass das Wachstum dieses Jahr "graduell anziehen" werde.
(Mitarbeit: Ian Talley, mit Material von AFP)
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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April 18, 2015 14:20 ET (18:20 GMT)
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