24.09.2008 13:30:00
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ROUNDUP: Schwaches ifo-Geschäftsklima schürt Rezessionsangst in Deutschland
Der ifo-Geschäftsklimaindex war von 94,8 Punkten im Vormonat auf 92,9 Punkte gesunken. Der Rückgang fiel damit auch stärker als erwartet aus: Volkswirte hatten im Durchschnitt einen Rückgang auf 94,1 Punkte vorhergesagt. Das ifo-Geschäftsklima basiert auf rund 7.000 monatlichen Unternehmensmeldungen.
"Die Unternehmen sind mit ihrer derzeitigen Geschäftslage sehr viel unzufriedener als im Vormonat", sagte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. "Ihre Perspektiven für das kommende halbe Jahr schätzen sie ebenfalls etwas schlechter ein." Die Geschäftserwartungen fielen von 87,0 Punkten im Vormonat auf 86,5 Punkte. Volkswirte hatten diesen Rückgang prognostiziert. Die Beurteilung der aktuelle Lage trübte sich hingegen deutlich stärker als erwartet ein. Die Beurteilung sank von 103,2 Punkten im Vormonat auf 99,8 Punkte im September. Hier hatten die Volkswirte einen Rückgang auf 102,0 Punkte erwartet.
ZUSPITZUNG DER FINANZMARKTKRISE HAT KAUM EINE ROLLE GESPIELT
Das Wegbrechen der deutschen Exportmärkte belastet nach Einschätzung der DekaBank das Geschäftsklima. Die aktuelle Zuspitzung der Finanzmarktkrise hat keine hingegen keine große Rolle gespielt, da ein Großteil der befragten Unternehmen schon vorher ihre Bewertungen abgegeben hat", sagte Volkswirt Andreas Scheuerle der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. "Vor allem die starke Abschwächung der Konjunktur in der Europa und den USA belaste die Nachfrage nach deutschen Produkten." Im September hatte sich auch das Geschäftsklima in Frankreich und Italien deutlich eingetrübt. In Frankreich war der Wert auf den niedrigsten Stand sei 2003 gefallen. "In Europa brennt es überall", sagte Scheuerle.
Bei den Erwartungen dürfte es nach Einschätzung der UniCredit bis Jahresende keinen schnellen Trendwechsel geben. Vor allem der anhaltende Rückgang der Auslandsnachfrage und der sich weiter eintrübende Ausblick für die wichtigsten Nachbarn der Eurozone berge das Risiko einer weiteren Abschwächung der Erwartungen, heißt es in einer Studie.
REZESSIONSRISIKO 'SEHR REAL'
Das Rezessionsrisiko in Deutschland ist nach Einschätzung von Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, "sehr real". "Im dritten Quartal dürfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem zweiten geschrumpft sein", schreibt Krämer in einer Studie. Die deutsche Wirtschaft war bereits im zweiten Quartal um 0,5 Prozent zum Vormonat geschrumpft, nachdem sie im ersten Quartal noch um 1,3 Prozent gewachsen war. Von einer "technischen Rezession" sprechen Volkswirte, wenn die Wirtschaft in mehr als zwei Quartalen hintereinander schrumpft. Die "sehr wettbewerbsfähige deutsche Wirtschaft" könne sich nicht von den Problemen ihrer Handelspartner abkoppeln, sagte Krämer. Die meisten Volkswirte seien noch zu optimistisch für das Wachstum im nächsten Jahr.
Die Folgen der Konjunktuabschwächung dürften sich laut Scheuerle auch bald auf dem Arbeitsmarkt zeigen. Die Investitionen seien bereits rückläufig. Die Industrieunternehmen wollen laut ifo Institut bereits jetzt kein zusätzliches Personal mehr einstellen. "Mit einer Verzögerung von rund drei Quartalen schlagen sich die sinkenden Investitionen auf dem Arbeitsmarkt nieder", sagte Scheuerle. Die Europäische Zentralbank (EZB) werde als nächsten Schritt auf jeden Fall die Zinsen senken, erwartet Scheuerle. Noch werde die EZB jedoch noch von der hohen Inflationsrate und den zuletzt starken Lohnforderungen abgehalten. "In der Vergangenheit hatte sie bei ähnlich katastrophalen Konjunkturdaten die Zinsen gesenkt".
An den Aktienmärkten spielte der ifo-Geschäftsklimaindex kaum eine Rolle. Der Euro bewegte sich zum US-Dollar nach den Daten auch in einer engen Bandbreite. Zulegen konnte jedoch der für den Anleihenmarkt richtungweisende Euro-Bund-Future der um 0,52 Prozent auf 113,89 Punkte kletterte./js/he/fn
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