25.11.2022 16:43:38

ROUNDUP/Krisentreffen zu Migration: EU-Kommission fordert mehr Zusammenarbeit

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Angesichts des starken Anstiegs der illegalen Migration über das Mittelmeer hat die Europäische Kommission die Regierungen der EU-Staaten zu mehr Zusammenarbeit aufgerufen. Ein zentraler Punkt sei es, die Solidarität und die Lastenteilung zu verbessern, sagte der für Migration zuständige Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas am Freitag bei einem Krisentreffen der Innenminister in Brüssel. Zudem seien eine bessere Zusammenarbeit bei Rettungseinsätzen für Migranten und eine bessere Kooperation mit Herkunfts- und Transitländern wichtig.

Bei dem Krisentreffen in Brüssel sollte vor allem versucht werden, den Streit über die Aufnahme von Bootsflüchtlingen zu entschärfen, die von Schiffen von Hilfsorganisationen im Mittelmeer aufgenommen und dann in Richtung EU gebracht werden. Italien hatte zuletzt einem solchen Schiff die Einfahrt in einen Hafen verweigert, worauf dieses nach Frankreich fahren musste. Die Regierung in Paris war darüber empört und verwies darauf, dass Rettungsschiffe eigentlich ein Recht darauf hätten, in den nächstgelegenen Hafen zu fahren.

Italien kritisiert hingegen mangelnde Solidarität anderer EU-Staaten in der Flüchtlingspolitik und fordert mehr Unterstützung. Zudem wird den Besatzungen von Rettungsschiffen vorgeworfen, mit ihrem Einsatz im Mittelmeer das Geschäft von Schleuserbanden zu fördern. Diese brachten zuletzt vor allem Menschen aus Tunesien, Ägypten und Bangladesch auf den lebensgefährlichen Weg in Richtung EU.

Grundlage der Gespräche der Innenminister war ein Aktionsplan, den die EU-Kommission am vergangenen Montag vorgelegt hatte. Er sieht insbesondere vor, die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Durchreiseländern zu intensivieren und in Nordafrika ein neues Programm gegen Menschenschmuggel zu starten. Für den Einsatz von privaten Seenotrettungsschiffen, die immer wieder Hunderte Migranten in europäische Häfen bringen, könnte es einen speziellen Rahmen und Richtlinien der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation geben.

Zudem soll der freiwillig von rund 20 EU-Staaten unterstützte Solidaritätsmechanismus besser genutzt werden. Er wurde im Juni ins Leben gerufen, um Länder zu unterstützen, in denen viele Bootsflüchtlinge ankommen. Diplomaten kritisierten zu dem Ministertreffen, dass der Aktionsplan nicht viel mehr als eine Zusammenstellung alter Maßnahmen und Vorschläge sei. Weitreichende Beschlüsse seien nicht zu erwarten.

Nach Angaben des Innenministeriums in Rom kamen in Italien seit Anfang des Jahres bereits mehr als 94 000 Migranten an. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl damit um etwa 53 Prozent.

Die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson beschrieb die Situation am Montag als nicht haltbar und verwies dabei auch darauf, dass nur die wenigsten Ankommenden wegen politischer Verfolgung ihre Heimat verlassen. "Wir müssen bedenken, dass eine deutliche Mehrheit der Menschen, die heute über diese zentrale Mittelmeerroute ankommen, keinen internationalen Schutz braucht", sagte Johansson. Viele dieser Menschen wollten in der EU vor allem Geld verdienen.

Für Deutschland nahm Staatssekretär Bernd Krösser an dem Treffen in Brüssel teil. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Donnerstag im Bundestag, Deutschland habe derzeit "keine große Migrationskrise".

In der Vergangenheit hatte die Bundesregierung in Brüssel auch immer wieder darauf verwiesen, dass in Deutschland in der Regel monatlich deutlich mehr Asylanträge gestellt werden als in Italien. So wurden nach Angaben des EU-Statistikamts Eurostat vom Freitag im August in der Bundesrepublik knapp 17 000 Antragsteller registriert und in Italien nur rund 6000.

Konkrete politische Entscheidungen zum Umgang mit dem neuen Anstieg der Migrationszahlen werden frühestens beim nächsten regulären Innenministertreffen am 8. Dezember erwartet. Bis dahin will die EU-Kommission auch einen Aktionsplan zu den ebenfalls steigenden Zahlen von Menschen vorlegen, die über die Länder des westlichen Balkan in die EU kommen./aha/DP/men

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