15.09.2014 14:54:47

ROUNDUP/Gröhe: Pharmaindustrie hat Verantwortung für Gesundheitssystem

BERLIN (dpa-AFX) - Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) warnt die Arzneimittelindustrie, ihre Marktmacht zulasten der Versicherten zu missbrauchen. Hintergrund ist der starke Anstieg der Arzneimittelausgaben der Krankenkassen im ersten Halbjahr, der zu einem großen Teil auf ein sehr teures, aber anerkannt wirksames Medikament gegen Hepatitis C zurückgeht. "Der Missbrauch von Marktmacht einzelner Unternehmen zulasten der Versichertengemeinschaft ist nicht akzeptabel", schrieb Gröhe im "Handelsblatt" (Montag).

Die Zeitung zitierte Krankenkassenkreise, die davon ausgehen, dass allein dieses Medikament zu Mehrausgaben für Arzneimittel bei den Krankenkassen von einer Milliarde Euro führen werde. Gröhe, Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) und Wirtschaftsstaatssekretär Uwe Beckmeyer (SPD) gaben am Montag nun den Startschuss für einen Pharma-Dialog mit Vertretern der Arzneimittelhersteller und der Wissenschaft.

Ziel sei es, den Pharma-Standort Deutschland in Forschung, Entwicklung und Produktion zu stärken, um eine hochwertige und sichere Arzneimittel-Versorgung sicherzustellen, teilte das Gesundheitsministerium mit. Gröhe mahnte: "Wir brauchen gute Bedingungen für Forschung und Entwicklung genauso wie einen Austausch über drängende Fragen, wie den Umgang mit Lieferengpässen und den Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen. Der Pharma-Dialog bietet uns dafür eine Plattform."

Im "Handelsblatt" kritisierte Gröhe die Industrie indirekt dafür, dass ihre Innovationen "keineswegs automatisch neuen medizinischen Herausforderungen und Patientenbedürfnissen" gerecht würden. "In Europa sterben jedes Jahr 25 000 Menschen infolge einer Antibiotika-Resistenz. Doch nur noch wenige Hersteller investieren in die Entwicklung neuer Antibiotika."

Deutschland brauche einen Ausgleich zwischen den Marktinteressen der Unternehmen und den Erfordernissen eines solidarischen Gesundheitssystems. Gröhe sagte weiter: "Auch die Industrie muss ein Interesse daran haben, dass das System nicht aus dem Gleichgewicht gerät; denn die Leistungsfähigkeit des Systems sorgt für eine stabile Nachfrage. Umgekehrt dürfen Preiskämpfe nicht dazu führen, dass Fortschritt ausgebremst wird, weil sich Investitionen nicht mehr lohnen."

Wanka sagte, man wolle gemeinsam mit Wissenschaft und Arzneimittelherstellern die Chancen besser nutzen, die es in Deutschland durch eine erstklassige Forschungslandschaft gebe. Deshalb sei ein Dialog über die Rahmenbedingungen der Arzneimittelentwicklung wichtig.

Bei der Auftaktveranstaltung in Berlin soll eine Standortanalyse vorgenommen werden. Bis Anfang 2016 sollen drei weitere Dialog-Runden folgen./rm/DP/bgf

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