02.06.2014 18:48:47

ROUNDUP: Brüssel: Frankreich muss mehr sparen - Lob und Tadel für Deutschland

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Nach der Schlappe bei den Europawahlen gerät Frankreichs Regierung von zwei Seiten unter Druck. Die EU-Kommission fordert, dass die Regierung von François Hollande mehr zur Sanierung ihres Haushalts tun muss - während der in Frankreich siegreiche rechtsextreme Front National (FN) gegen die Sparauflagen aus Brüssel wettert. Die EU-Kommission hält aber auch nach dem Erfolg von Protestparteien bei der Wahl daran fest, dass gesunde Staatsfinanzen notwendig sind. Für Deutschland, den Musterschüler beim Sparen, gab es daher Lob aus Brüssel. Die EU-Behörde empfiehlt, dass Deutschland seine solide Haushaltspolitik "wie geplant beibehält".

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso betonte am Montag in Brüssel: "Wenn wir die öffentlichen Finanzen auf der Spur halten, ist auch Platz für Wachstum." An die Adresse der Pariser Regierung gerichtet sagte Barroso: "Wir meinen, dass noch mehr machbar ist." Die EU-Kommission präsentierte Empfehlungen für die Haushaltspolitik der EU-Staaten im Rahmen der verschärften Budgetüberwachung. Im Wahlkampf hatten in mehreren europäischen Ländern europaskeptische Parteien mit Kritik an der Sparpolitik aus Brüssel Stimmen gewonnen.

Barroso mahnte, dass Frankreich nach wie vor Gefahr laufe, trotz milliardenschwerer Sparprogramme sein Haushaltsdefizit nicht wie versprochen 2015 wieder unter die entsprechende Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu bringen. "Wenn die Politik nicht geändert wird, sind diese Ziele in Gefahr", mahnte Barroso.

Laut einer früheren Prognose der EU-Kommission wird Frankreich 2015 mit einem Defizit von 3,4 Prozent die Marke reißen - nach 3,9 Prozent im laufenden Jahr. Nach Worten Barrosos hat Frankreich aber noch Zeit zu reagieren. Die EU hatte Paris bereits zwei zusätzliche Jahre gewährt, um nun bis 2015 das Defizit in den Griff zu bekommen. In ihren Empfehlungen bemängelt die Kommission, dass Frankreichs Haushaltsstrategie "nur teilweise konform mit den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakets ist". Notwendig seien weitere Reformen etwa auf dem Arbeitsmarkt, beim Renten- und Steuersystem.

In der Eurozone beträgt der staatliche Schuldenberg im Schnitt 96 Prozent der Wirtschaftsleistung, erlaubt sind Ländern höchstens 60 Prozent.

Von Deutschland verlangt die EU-Behörde trotz des Lobs erneut ein ganzes Bündel an Reformen und die Stärkung der Inlandsnachfrage. Am Arbeitsmarkt solle die Bundesregierung Steuern und Abgaben senken und Langzeitarbeitslose schneller in neue Jobs bringen. Auch die Kinderbetreuung mit Ganztageschulen müsse besser werden.

Die EU-Behörde ermahnt die Exportnation Deutschland zudem, die Nachfrage im Inland anzukurbeln, um mehr Wachstum zu schaffen. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte: "Länder mit großen Überschüssen

- auch Deutschland - sollen Maßnahmen ergreifen, um die

Binnennachfrage zu stärken." Zudem solle Deutschland sein Steuersystem effizienter machen, die Kosten für die Energiewende niedrig halten und den Wettbewerb im Dienstleistungssektor ankurbeln.

In sechs EU-Ländern hat sich unterdessen die Haushaltslage verbessert; sie konnten ihr Defizit unter die vorgeschriebene Marke von drei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung drücken. Die EU-Kommission empfiehlt daher, dass das Defizitverfahren gegen Österreich, Belgien, die Tschechische Republik, Dänemark, die Niederlande und die Slowakei eingestellt wird. Darüber müssen die EU-Finanzminister entscheiden. Barroso sagte: "Die Anstrengungen und Opfer in ganz Europa beginnen sich auszuzahlen." Somit würde die Zahl der Länder, gegen die ein solches Verfahren läuft, von 17 auf 11 sinken.

Die EU-Kommission bewertet die Haushaltspläne der 28 EU-Staaten jedes Jahr und gibt Empfehlungen ab. Dies ist Teil der verstärkten Haushaltsüberwachung der EU, die Krisen künftig verhindern soll. Beim EU-Gipfel Ende Juni werden die Staats- und Regierungschefs über diese Empfehlungen entscheiden. Im zweiten Halbjahr verabschieden die Regierungen dann die nationalen Budgets für das kommende Jahr und sollen dabei die Empfehlungen aus Brüssel berücksichtigen./mt/cb/DP/jsl

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