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23.03.2013 12:46:31

ROUNDUP/Betriebsrat: Neuer Tui-Chef wirkt wie ein 'König ohne Land'

    HANNOVER (dpa-AFX) - Die Belegschaft von Europas größtem Reisekonzern TUI wartet nach Einschätzung des Betriebsrats zunehmend verunsichert auf den Neustart. Dem neuen Vorstandschef der Holding Tui AG, Friedrich Joussen, fehle die Leitbildfunktion. "Ich hab das Gefühl, das ist momentan ein Stochern im Nebel. Ganz befriedigend ist das noch nicht, der Masterplan lässt noch auf sich warten", kritisierte Konzernbetriebsratschef Frank Jakobi im dpa-Gespräch. Es gelte, Mitarbeiter zu inspirieren, ihnen Visionen zu vermitteln: "So ein paar Signale wären schon gut - da leistet er nicht ausreichend!"

    Zwar seien Joussens erste 100 Tage noch nicht vorbei, doch wirke er angesichts der selbstbewussten britischen Tochter Tui Travel wie ein König ohne Land. Sie gehört der Muttergesellschaft Tui AG nur zu 56 Prozent, die übrigen Aktien von Tui Travel werden an der Londoner Börse gehandelt. Joussen soll bei der vom Briten Peter Long geführten Tochter am 25. März das Amt des Verwaltungsratschef übernehmen.

    Jakobi: "Wir haben in England eine selbstbewusste Tochter, die hier die Politik macht und wir haben hier einen Vorstand der versucht, die Fäden in die Hand zu bekommen. Da stelle ich nicht in jedem Fall eine gute Zusammenarbeit fest, das ist manchmal ein bisschen anders." Zudem sei Long wegen der stark aufgestellten Tochter in einer Position der Stärke und habe exzellente Drähte zu den wichtigsten Aktionären.

    Nach dem gescheiterten Übernahme-Versuch durch die Holding zum Jahreswechsel seien nach englischem Börsenrecht sechs Monate keine neuen Versuche möglich. "In dieser Phase sind wir gerade mitten drin. Aber ich glaube, dass es nach den sechs Monaten weitergeht - in welche Richtung, das weiß ich nicht. Aber wenn man das Strukturdefizit lösen will, muss man an dieser Stelle ansetzen." Wünschenswert sei, dass der Standort Hannover gestärkt werde und der Vorstand das operative Geschäft von Hannover aus steuert: "Das ist auch der Wunsch der Arbeitnehmer. Alle Macht nach Hannover!"

    Joussen und Long hätten zudem unterschiedliche Ansichten: Joussen etwa werfe die Frage auf, ob eine eigene Flugzeugflotte überhaupt nötig sei. Long dränge auf die Einhaltung von Markenversprechen und damit Eigenverantwortung durch eigene Flieger. Joussen habe zudem wichtige Chancen verpasst. Die britische Tochter habe gerade für den wichtigen deutschen Markt einen Umstrukturierungsprozess angestoßen: "Das wäre eine Chance gewesen für Herrn Joussen, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen und zu sagen: die Umstrukturierung kommt von mir, das nehm ich in die Hand und dafür stehe ich jetzt. Aber das nehm ich nicht wahr, da rauschen ein paar Chancen an ihm vorbei."/rek/DP/zb

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