22.12.2019 17:26:41

ROUNDUP 2: Unterschiedliches Echo auf Scholz-Pläne für Entschuldung von Kommunen

(neu: Söder 5. Abs.)

BERLIN (dpa-AFX) - Der Vorstoß von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zur Entlastung der Kommunen von Altschulden stößt in Politik und Wirtschaft auf ein geteiltes Echo. Nach den Worten der Ministerpräsidenten von Bayern und Hesse, Markus Söder (CSU) und Volker Bouffier (CDU), darf ein solches deutschlandweites Entschuldungsprogramm nicht solche Länder benachteiligen, die ihren Städten und Gemeinden bereits dabei helfen.

Ein entsprechendes Programm hatte Scholz vorgeschlagen und die Zahl der infrage kommenden Kommunen im November auf 2500 beziffert. Allerdings sollen sich die Länder daran beteiligen. Zu den Plänen gibt es auch andere kritische Stimmen aus der Union. Die FDP hält ebenfalls dagegen. Die Wirtschaft ist uneins.

Bouffier sagte der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden: "Ich hab' nix dagegen, wenn der Bund anderen hilft. Aber Hessen darf nicht leer ausgehen, nur weil wir dabei sind, unsere Hausaufgaben zu machen und bereits Schulden der Kommunen tilgen." Auch andere Länder haben sich bereits gegen ein solches Programm gewandt.

Bouffier erklärte, dass die Hessenkasse kommunale Altschulden in Höhe von fast fünf Milliarden Euro übernommen habe. Über das Entschuldungsprogramm löst das Land Kassenkredite der Städte, Kreise und Gemeinden ab, die Kommunen müssen aber auch einen Eigenbeitrag leisten. "Wir zahlen nicht zweimal. Der Bund kann uns auch in Hessen gerne helfen, die kommunalen Schulden abzutragen."

Ähnlich argumentierte Söder. "Im Moment würde nur Nordrhein-Westfalen davon profitieren", sagte er dem "Münchner Merkur" (Montag). "Auch bei uns gibt es verschuldete Kommunen, für die wir selbst schon viel gemacht haben. Daher können wir nur dann zustimmen, wenn das honoriert und ausgeglichen wird."

Mit Kassenkrediten überbrücken Kommunen eigentlich nur kurzfristig Engpässe. Seit Jahren dienen diese Darlehen - vergleichbar mit dem Dispokredit bei Privatpersonen - aber zunehmend zur Finanzierung laufender Ausgaben. Sie engen den Spielraum für Investitionen ein.

Nach Scholz' Vorstellung könnte sich der Bund etwa zur Hälfte an der Entschuldung beteiligen. Er macht das aber von der Solidarität der Länder und Kommunen abhängig, auch untereinander. "Bei der Altschulden-Frage können wir uns eine gute Antwort aber nur leisten, wenn nicht auch die Länder etwas abhaben wollen, die gar keine Schwierigkeiten haben", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). Die Situation für ein solches Programm sei gut: "Die Zinsen sind günstig, und eine Umschichtung von Schulden auf den Bund hätte nicht mal Auswirkungen auf die Maastricht-Kriterien, weil es sich um bereits vorhandene Schulden handelt."

Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU) kritisierte in der "Bild am Sonntag": "Es dürfen nicht wahllos Geschenke verteilt und alle Grundsätze über Bord geworfen werden." Aus den Altschulden der Kommunen dürfen keine Neuschulden des Bundes werden.

Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, sprach am Wochenende von einem "parteipolitisch motivierten, unausgegorenen, unabgestimmten und kaum zu finanzierenden Vorschlag". "Ein Riesenproblem ist zudem die Gefahr von Fehlanreizen", erklärte er. "Übernehmen Bund und Länder die kommunalen Schulden, geht die Notwendigkeit zum sparsamen Haushalten in den Kommunen verloren. Wer solide wirtschaftet, darf nicht der Dumme sein."

Auch der Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, äußerte sich kritisch. "Eine pauschale Schuldenübernahme durch den Bund mag kurzfristig populär sein, richtet langfristig aber Schaden an und untergräbt die Finanzdisziplin", sagte Fuest dem "Handelsblatt".

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hingegen bezeichnete einen Schuldenerlass als richtige und dringend notwendige Initiative. "Die ungleichen Finanzbedingungen der Kommunen sind einer der wichtigsten Gründe für die zunehmende regionale Ungleichheit in Lebensstandards und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit", sagte er dem "Handelsblatt".

SPD-Fraktionsvize Achim Post erklärte, eine Altschuldenregelung für hoch verschuldete Kommunen sei der richtige Weg. "Wenn man in dieser Lage nicht hilft, lässt man die Menschen in diesen Städten im Stich und die sozialen Gräben in unserem Land reißen weiter auf." Klar sei aber auch, dass Hilfen des Bundes nur ein Ausnahmefall sein dürften und an strikte Bedingungen geknüpft sein müssten./löb/glb/DP/he

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!