03.09.2010 18:33:18

ROUNDUP 2: 'Lex Schlecker' gegen Missbrauch der Leiharbeit

    (Neu: mehr Details und Reaktionen)

    BERLIN (dpa-AFX) - Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will Missbrauch von Leiharbeit per Gesetz unterbinden - und Verstöße mit Geldbußen ahnden. "Durch die Einführung einer gesetzlichen Regelung soll verhindert werden, dass Arbeitnehmerüberlassung als "Drehtür" zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen missbraucht wird", heißt es in einem Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums. Damit sollen Vorgänge wie zuletzt bei der Drogeriekette Schlecker verhindert werden.

    Ein gesetzlicher Mindestlohn für die boomende Leiharbeit-Branche, der auch von einigen Unions-Politikern gefordert wird, ist aber nicht vorgesehen. Das Papier lag der Nachrichtenagentur dpa am Freitag vor. Die SPD begrüßte die Initiative von der Leyens, hält den Vorstoß aber - wie die Grünen und der DGB - für unzureichend. Die Linkspartei sprach von "reiner Augenwischerei".

    Die Drogeriekette Schlecker war in die Schlagzeilen geraten, weil sie Filialen schloss und die Beschäftigten als Leiharbeiter zu schlechteren Konditionen in neu eröffneten Filialen wieder einstellte. Von der Leyen und die Gewerkschaften hatten dies heftig kritisiert.

    Eine verbindliche Lohnuntergrenze durch Novellierung des Arbeitnehmerentsendegesetzes ist wegen des Widerstandes der FDP vorerst nicht in Sicht - obwohl in knapp acht Monaten die volle Freizügigkeit für Arbeitnehmer in der EU in Kraft tritt. Befürchtet wird, dass osteuropäische, speziell polnische Zeitarbeitsunternehmen mit Billiglöhnern nach Deutschland drängen und damit hiesige Beschäftigte arbeitslos machen. Man wolle zunächst abwarten und die Entwicklung beobachten, sagte eine Ministeriumssprecherin.

    Für einen Mindestlohn stehe man bereit, wenn sich die Tarifparteien darauf einigten. Nur über die Aufnahme der Branche in das Entsendegesetz kann unlautere Lohndumping-Konkurrenz für all jene Unternehmen abgewehrt werden, die nach - allerdings konkurrierenden - Tarifverträgen bezahlen.

    Die Zeitarbeitsbranche hat mit zuletzt 826 000 Beschäftigten (Stand: Juni 2010) einen neuen Beschäftigungsrekord erreicht. Von den seit Jahresfrist neuentstandenen Stellen entfiel mehr als die Hälfte auf Leiharbeit.

    Der zur Abstimmung mit den anderen Ministerien vorgelegte "Lex Schlecker"-Entwurf sieht vor, dass Betriebe auch künftig Mitarbeiter entlassen und sie "in zeitlichem Zusammenhang" als Leiharbeiter im eigenen Unternehmen bei gleicher Bezahlung wieder einsetzen können.

    Nicht mehr zulässig soll sein, dass zuvor arbeitslose Leiharbeiter für sechs Wochen zu einem Nettoentgelt beschäftigt werden, das dem zuvor erhaltenen Arbeitslosengeld entspricht. Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Missachtung der geplanten Bestimmungen sollen Bußgelder bis zu 25 000 Euro verhängt werden können.

    Erst dieser Tage hatten sich Unionspolitiker für einen Mindestlohn in der Zeitarbeit ausgesprochen und die FDP - vergeblich - zur Unterstützung aufgefordert. SPD-Bundestagsfraktionsvize Hubertus Heil lobte von der Leyen, die den Handlungsbedarf erkannt habe. Notwendig sei aber eine umfassende Regelung. "Dazu gehört ein Mindestlohn für die Branche genauso wie die Durchsetzung des Grundsatzes Gleiche Arbeit ­ gleiches Geld für Stamm- und Leihbelegschaften."

    Die Arbeitsmarktexpertin der Linksfraktion, Jutta Krellmann, kritisierte, der Entwurf könne Missbrauch der Leiharbeit nicht verhindern. Er verfestige vielmehr den "Zwei-Klassen-Arbeitsmarkt". "Unternehmen wie Schlecker stellen jetzt einfach neue Beschäftigte mit tariffernen Niedriglöhnen ein". Ähnliche Kritik kam von den Grünen.

    DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki sagte, der Entwurf greife "zu kurz", da die große Mehrheit der Leiharbeitnehmer nicht erfasst werde "und in puncto equal pay (gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit) somit auch künftig leer ausgeht". Er forderte die Regierung auf, "zügig ein Gesamtpaket zu schnüren, das einen Existenz sichernden Mindestlohn für verleihfreie Zeiten sowie den Grundsatz eqal pay für alle Leiharbeiter regelt"./vs/DP/he

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