07.11.2014 20:18:00
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Rheinische Post: Tag des Mauerfalls als Mahnung
Düsseldorf (ots) - Niemals war der Wert der Freiheit anschaulicher
als an jenem Donnerstagabend im November 1989. Hunderte DDR-Bürger
mit Freudentränen im Gesicht liefen, ja rannten an dem hochgezogenen
Schlagbaum an der Bornholmer Straße vorbei gen Westen. Es war die
Geburtsstunde einer neuen deutschen Identität. Der Drang nach
Freiheit und Selbstbestimmung war sogar stärker als ein Regime, das
für seinen Machterhalt tötet. Die Stasi mag Millionen unbescholtener
Bürger abgehört, überwacht und drangsaliert haben, ihren Willen
konnte sie nie beugen. Diese friedliche Revolution, dieser über
Jahrzehnte geführte Kampf der Bürger gegen ein menschenverachtendes
Regime, das sich heuchlerisch als demokratische Republik bezeichnete,
ist wahrhaftig gelungen. Wenn das kein Grund zu einer großen Feier
ist! Wir sollten das jährliche Gedenken an den Tag des Mauerfalls
aber vor allem zur Aufklärung und als Mahnung nutzen. Die Mauer
konnte nur fallen, weil es sie gab. Wir müssen uns erinnern an ein
Regime der Unterdrückung und der Gewalt. Die Verharmlosung und
Verniedlichung der DDR ist ein gewaltiges Problem, das sich in der
Logik der Demografie jedes Jahr verstärkt. Je mehr Zeit vergeht,
desto verklärter wird der Blick. Dagegen müssen sich alle aufrechten
Demokraten stellen. Das Wissen der jungen Ostdeutschen über die DDR
ist erschreckend. Die Nostalgie ist tief verankert in Parteien und
Regierungsämtern (demnächst vielleicht sogar im Amt eines
Ministerpräsidenten). Natürlich war die DDR ein Unrechtsstaat. Die
Abwesenheit einer unabhängigen Gerichtsbarkeit macht sie genau dazu.
Wer sich gegen den Führungsanspruch der SED-Kader verwahrte, wurde
gnadenlos aus der Gesellschaft gedrängt oder eingesperrt. Wer die
Republik verlassen wollte, durfte erschossen werden. Auf den
Schulhöfen wurden Jugendliche gemobbt, geschnitten und ausgegrenzt,
wenn sie sich der FDJ verweigerten. Schon ein Witz über Honecker
konnte Karriereträume für immer zerplatzen lassen. Unrechtsstaat? Was
für ein Euphemismus! Gut also, dass der Tag des Mauerfalls uns jedes
Jahr die Gelegenheit gibt, zu erklären, was vor dem Mauerfall war.
Dass die SED-Nachfolgepartei Die Linke dabei besonders in die Kritik
genommen werden muss, ist zwingend. Man muss nicht die Tonalität
eines Wolf Biermann anschlagen, um die mangelnde Aufarbeitung der
eigenen Geschichte in der Linkspartei anzuprangern. Wer gesehen hat,
wie lümmelnd und nörgelnd Gysi & Co. gestern im Bundestag auf die
Einlage des Diktatur-Kritikers Biermann reagierten, weiß: Die
Linkspartei hat nichts gelernt.
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