02.09.2015 22:57:38
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Rheinische Post: Kommentar / Die große Stunde der Politik = Von Michael Bröcker
Europas politische Eliten haben auf die Völkerwanderung bisher mit Chaos, nationalstaatlichen Egoismen und Abschottung reagiert. Die Bundeskanzlerin zögerte, die Länderchefs klagten über fehlende Mittel. Kreative Lösungen zur Unterbringung und unbürokratische Hilfe für die Notleidenden kam vor allem aus der Bürgergesellschaft. Nun ist aber die Politik gefragt. Einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat die EU laut Maastrichter Statut ihren Bürgern versprochen. Ist das so? Eine faire Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten wäre der erste Schritt. Eine feste Aufnahme-Quote und ein Konzept gegen die Schlepper-Mafia der zweite.
In Deutschland könnten die Politiker zeigen, dass sie ebenen- und parteiübergreifend in der Lage sind, einen Masterplan für eine nachhaltige Flüchtlingspolitik zu beschließen. Dazu gehören schnelle und abschließende Asylverfahren. Am besten dort, wo die Flüchtlinge ankommen, in den Erstunterkünften. Zu einer gezielten Integration gehören Sprach- und Qualifizierungsangebote. Eine Allianz mit der Wohnungs- und Bauwirtschaft könnte schneller Unterkünfte ermöglichen. Wenn die Solidaritätswelle nicht abebben soll, müssen die Turnhallen der Republik bald wieder für den Schulsport zur Verfügung stehen.
Die Politik muss aber auch einen praktikablen Prozess anbieten, wie Flüchtlinge als Fachkraft gehalten werden könnten, selbst wenn ihr Asylstatus ein Bleiben nicht zulassen würde. Das Handwerk und der Mittelstand suchen händeringend Personal und werden auf dem heimischen Arbeitsmarkt nicht fündig.
Zu einer nachhaltigen Flüchtlingspolitik gehört aber auch eine konsequente Abschiebung derjenigen, die keine Chance auf ein Bleiberecht haben. Die Zahl der abgelehnten Asylbewerber, die noch über Monate und Jahre hier leben, ist zu hoch. Das erzeugt Misstrauen in die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats und befeuert Ressentiments. Es ist eine gewaltige Aufgabe. Jeder muss wissen: Die Flüchtlingszahlen werden noch steigen, bevor sie sinken. Der Grenzzaun in Ungarn dürfte noch mehr Fluchtwillige in Bewegung setzen. NRW-Regierungschefin Kraft hat gestern von ehrenamtlich Tätigen berichtet, die an die Grenzen ihrer "physischen Kräfte" gehen. Die Politik muss dies auch tun.
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