15.06.2014 21:02:58

Rheinische Post: Die Düsseldorfer wählen Elbers ab Kommentar Von Michael Bröcker

Düsseldorf (ots) - Es ist eine Abwahl erster Klasse. Nach 15 Jahren regiert im Rathaus der Landeshauptstadt wieder ein Sozialdemokrat. Herausforderer Thomas Geisel gewinnt klar gegen CDU-Amtsinhaber Dirk Elbers. An der Entwicklung Düsseldorfs kann dies kaum gelegen haben. Die Stadt wächst, ohne ihre liebens- und lebenswerte Identität zu verlieren. Die Wirtschaft brummt. Mit Messe, Flughafen, internationalen Konzernen und soliden Mittelständlern gilt Düsseldorf als Magnet für Arbeitnehmer. Kitas und Schulen sind gut ausgestattet. Eine renommierte Universität, eine Kulturszene mit Weltrang, eine lebendige Bürgerschaft. Städtebauliche Dynamik. Und doch wählten die Düsseldorfer den Oberbürgermeister ab, dessen Partei und dessen Vorgänger Joachim Erwin zu dieser Situation beigetragen haben. Warum? Weil Dirk Elbers es nie geschafft hat, diese kraftvolle und sympathische Großstadt genau so zu repräsentieren. Im Gegenteil: Er hat sie unter Wert verkauft. Sein bisweilen herrisches Auftreten und seine Beratungsresistenz irritierten vor allem im bürgerlichen Lager. Seine Verdienste etwa um den Kö-Bogen bleiben. Gleichwohl wirkte es häufig so, als verwalte er das Erbe Joachim Erwins nur, statt es aktiv zu gestalten. Sein Herausforderer Thomas Geisel konnte mit einem quirligen Wahlkampf punkten. Respekt dafür. Nicht alles anders, aber vieles besser will er machen. Neue Schulden sollten allerdings nicht Geisels erste Amtshandlung sein. Denn es geht um eine grundsätzliche politische Richtschnur. Sind die notwendigen Investitionen in Schulen, Kitas und Infrastruktur das Ergebnis einer soliden Finanzpolitik und dadurch gewachsener Gestaltungsspielräume. Oder sind sie Voraussetzung? Die parteiübergreifenden Erfahrungen in Stadt, Land und Bund belegen, dass neue Schulden nicht per se "rentierlich" sind, sondern auch als Instrument für parteipolitisch motivierte Wohltaten missbraucht wurden. Der neue SPD-OB mag beim Thema bezahlbarer Wohnraum und beim Fokus auf Stadtteile sinnvolle Akzente setzen. Wenn er als Erstes die Schuldenuhr abreißt, verliert Düsseldorf einen Standortfaktor. Thomas Geisel hat sich im Wahlkampf als Kandidat aller Düsseldorfer gegeben. Er wird es als Oberbürgermeister aus machtpolitischen Erwägungen sein müssen. Im Rat braucht er eine Mehrheit. Eine schwarz-rote Koalition ist eine Option. Die ersten Angebote aus der CDU, die sich gestern offenbar so schnell wie möglich von Elbers lösen wollte, liefen beim Wahlgewinner ein. Für den Rathaus-Chef dürfte der Kompromiss zur Konstante werden.

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