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10.07.2015 21:00:39

OTS: Westfalen-Blatt / Westfalen-Blatt: zur Wirtschaft in Zeiten der Krisen

Westfalen-Blatt: zur Wirtschaft in Zeiten der Krisen

Bielefeld (ots) - Kommt er jetzt oder kommt er nicht, der

griechische Schuldenschnitt? Die Frage, die die Medien hierzulande

seit Monaten beschäftigt, lässt die europäische Wirtschaft eigenartig

kalt. Als sich die Bevölkerung Griechenlands am vergangenen Sonntag

gegen die weiteren Reformen und hinter den Zickzack-Kurs ihrer

Regierung stellte, schüttelten sich die Börsen einen Augenblick. Die

Kurse sanken um 3,3 Prozent. Das war's aber auch. Mehr passierte

nicht. Mindestens ebenso erstaunlich ist die Gelassenheit, die

Unternehmer und Anleger hinsichtlich der anderen Krisen an den Tag

legen. Am häufigsten werden noch die Folgen des Kriegs in der

Ukraine angeführt. Doch selbst dieser bewaffnete Konflikt vor der

eigenen Haustür gerät schon mal in Vergessenheit. Der Terror des

Islamischen Staates, von El Kaida, Ansarullah und Boko Haram,

weltweit mehr als 30 Kriege: Alle diese Brandherde lassen die

Wirtschaft kalt. Da beschäftigte man sich in der vergangenen Woche

sogar mehr mit den Kursverlusten an chinesischen Börsen -

obgleich diese im Wesentlichen von Spekulationen angetrieben wurden.

Nun sind Unternehmer schon von Berufs wegen Optimisten. Wären sie

Pessimisten, würden sie ihr Geld irgendwo tief unter der Bettdecke

verstecken und hier das Ende der Welt erwarten. Allerdings gründet

in diesem Fall das Prinzip »Business as usual« auch auf der

Annahme, es sei Sache der Politik, die Krisen zu meistern. Das ist

zwar im Prinzip richtig. Doch sollte dies die Wirtschaft nicht

davon abhalten, über die Folgen nachzudenken. Dabei reicht es nicht,

sich nur an Zahlen zu halten. Sie ergeben gerade am Beispiel

Griechenland auf den ersten Blick ein scheinbar klares Bild: Nur 2,5

Prozent der europäischen Staatsschulden entfallen auf Athen. An der

weltwirtschaftlichen Leistung hatte Griechenland auch schon vor der

jetzigen Krise gar nur einen Anteil von 0,3 Prozent. Da ist man als

Unternehmer geneigt, die ganze Griechenland-Frage als rein soziales

Problem zur Seite zu schieben. Diese Sicht verkennt, dass es nur

eine Welt gibt. Die Ökonomie kann sich nicht losgelöst von

politischen Konflikten, sozialen Bewegungen und ökologischen

Veränderungen entwickeln. Mal abgesehen, dass es ganz einfach

brutal ist, wenn manche fordern, die Griechen »sich selbst zu

überlassen«: Weder machen soziale Bewegungen an einer Landesgrenze

halt, noch kann sich Europa an der Südostflanke einen machtfreien

Raum leisten - auch nicht die Wirtschaft. Sicher, dieses ewige Hin

und Her, das ständige Aufstellen und Beiseiteräumen von Ultimaten,

das muss ein Ende haben. Auf der anderen Seite müssen die

Finanzminister und Regierungschefs an diesem Wochenende eine Lösung

erarbeiten, die länger hält als die bisherigen Maßnahmen. Von einem

Erfolg hängt viel ab - auch und gerade für die europäische

Wirtschaft. Die Chancen sind nach dem Auftauchen einer griechischen

Reformliste wieder etwas größer.

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Pressekontakt:

Westfalen-Blatt

Chef vom Dienst Nachrichten

Andreas Kolesch

Telefon: 0521 - 585261

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