20.07.2022 20:36:38
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Unverzichtbar, Kommentar zum Gas-Notfallplan von Andreas Heitker
Brüssel (ots) - Im Juni lagen die russischen Gaslieferungen in die EU bei
weniger als 30 Prozent der in den letzten Jahren üblichen Mengen. Dies hatte
nicht nur mit Machtspielen des Kreml zu tun, sondern auch mit einem geringeren
Verbrauch und einer durchaus erfolgreichen Diversifizierungspolitik, durch die
Gasimporte aus Russland ersetzt werden konnten. Es kam deutlich mehr
verflüssigtes Erdgas (LNG) in der EU an - insbesondere aus den USA - sowie mehr
Pipeline-Gas aus Norwegen oder dem Kaspischen Meer. Doch all dies reicht bei
weitem nicht aus, sollte Russlands Machthaber Wladimir Putin der EU tatsächlich
den Gashahn komplett abdrehen - was EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen mittlerweile für ein "wahrscheinliches Szenario" hält. Immerhin zwölf
EU-Länder sind aktuell ja schon von kompletten oder zumindest teilweisen
Lieferkürzungen aus Russland betroffen.
Von daher ist es unverzichtbar, dass sich die EU jetzt schon mit einem
gemeinsamen Notfallplan auf den anstehenden Winter vorbereitet. Es gibt einen
eigentlich recht gut funktionierenden und verflochtenen Gasbinnenmarkt, über den
viele Ausfälle in einzelnen Mitgliedsstaaten wieder aufgefangen werden können.
Eine gute Koordination ist dabei ebenso wichtig wie eine nachvollziehbare und
intelligente Priorisierung der Verbräuche, damit kein Hauen und Stechen zwischen
den Unternehmen und Branchen und zwischen den Mitgliedsländern ausbricht, wenn
die Engpässe im Winter erst einmal da sind.
Einen Vorgeschmack, worauf so etwas hinauslaufen würde, lies sich am Mittwoch
bereits nach Äußerungen von polnischen Politikern der nationalkonservativen
PiS-Partei erahnen. Das Land hat seine Gasspeicher schon nahezu vollständig
gefüllt. Solidarität mit Deutschland bei Gasengpässen, so hieß es aber nun
vereinzelt in Warschau, sei nur unter Bedingungen machbar - wenn etwa das Thema
Kriegsreparationen wieder auf die Agenda kommt.
Es ist gut, dass die Kommission jetzt konkrete Vorgaben beim Thema Energiesparen
macht und dabei möglichst auf markt-basierte Instrumente setzt. Doch der
Notfallplan hat auch seine Schwachstellen. Dazu gehören die Kriterien, die es
der Brüsseler Behörde erlauben, den Notstand auszurufen und Zwangskürzungen bei
den Gasverbrauchern einzuleiten. Lediglich drei EU-Staaten können diese
Alarmstufe auslösen oder die EU-Kommission selbst bei der Auslegung einer
möglichen Risikosituation. Hier sollten Schwellen und Ermessensspielräume noch
einmal nachgeschärft werden.
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