30.08.2022 19:36:38

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Mehr Klauen und Zähne, Kommentar zu Kartellwächtern von Antje Kullrich

Frankfurt (ots) - Die Wettbewerbshüter haben gut zu tun. Neben dem Dauerbrenner

Digitalkonzerne, deren Marktmacht nur mit Mühe im Zaum gehalten werden kann,

schlagen die multiplen Krisen direkt auf die Arbeit des Bundeskartellamts durch.

Nach der Pandemie, die das Wirken vor allem gegen Kartellverstöße schwer gemacht

hat, führen jetzt Inflation und Kriegsfolgen zu vielen grundsätzlichen Fragen:

Sind teilweise explosionsartig steigende Preise gerechtfertigt oder

Marktmissbrauch? Dürfen Unternehmen zur Existenzsicherung in außergewöhnlichen

Zeiten stärker zusammenarbeiten als unter normalen Umständen?

Die Arbeit der Wettbewerbshüter ist noch politischer geworden als sie das

ohnehin schon immer war. Kartellamtspräsident Andreas Mundt spricht vom

Wettbewerbsrecht als "atmendem Recht". Auf der einen Seite zeigen sich die

Wettbewerbshüter in der Krise großzügiger, was die Zusammenarbeit von

Unternehmen angeht. Wer Produktionen zusammenlegen will, weil Gas knapp ist, und

dafür viele Daten und Informationen austauschen will, trifft beim Kartellamt

derzeit auf einige Toleranz.

Auf der anderen Seite braucht das Kartellamt effektive Durchgriffsrechte. In

Zeiten, in denen Politik in Marktgeschehnisse viel stärker eingreifen muss als

im "Normalzustand" der Welt, muss auch mehr Kontrolle und nachgeschaltet

Sanktionierung er­möglicht werden. Denn die schwarzen Schafe sind auch in der

Krise höchst aktiv. Die Novelle des Wettbewerbsrechts, die jetzt schneller

kommen soll als ursprünglich geplant, ist also dringend geboten. Mit "Klauen und

Zähnen" solle das Kartellrecht ausgestattet werden, hatte Wirtschaftsminister

Robert Habeck vor einigen Wochen angekündigt.

Ein wichtiges Thema der Novelle soll eine erleichterte Gewinnabschöpfung werden.

Denn bei marktmissbräuchlichem Verhalten ist es derzeit sehr schwer für die

Wettbewerbshüter, die erzielten Erträge daraus einzuziehen. Mundt hat dieses

Instrument seiner Behörde am Dienstag klar gegen die politisch diskutierte

Übergewinnsteuer abgegrenzt. Eine Steuer sei eine Steuer, deren

Rahmenbedingungen politisch festgelegt werden müssten. Beides könne durchaus

parallel laufen, erläuterte Mundt. Instrumentalisieren lassen will sich das

Kartellamt erkennbar nicht. Niemand sollte auf die Idee kommen, sich vor der

politischen Diskussion um eine Übergewinnsteuer mit Verweis auf die Möglichkeit

der Gewinnabschöpfung durch das Kartellamt wegducken zu können. Beides sind

verschiedene Paar Schuhe.

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