29.03.2022 19:50:38
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Krieg und Frieden / Kommentar zu Porsches Börsenplan von Stefan
Kroneck
Frankfurt/M. (ots) - Der Ukraine-Krieg überschattet derzeit alles. Während die
Armee von Russlands Autokrat Wladimir Putin mit einer Invasion die
Zivilbevölkerung des Nachbarstaates seit nahezu fünf Wochen terrorisiert, stand
die Volkswagen-Großaktionärin Porsche Automobil Holding SE am Dienstag zu ihrer
Bilanzvorlage Journalisten und Analysten Rede und Antwort. Dass dabei der
geplante Börsengang des Stuttgarter Sportwagenbauers Porsche AG, der noch
komplett zum Wolfsburger Mehrmarkenkonzern gehört, das dominierende Thema sein
wird, war zu erwarten, schließlich handelt es sich um ein spektakuläres Comeback
der hochprofitablen Edelmarke aufs Handelsparkett, das bei allen Hauptakteuren
die Kassen klingeln lässt - vorausgesetzt, das Drehbuch zum IPO wird tatsächlich
realisiert.
Bei Letzterem kommen aber Zweifel auf, je länger der Krieg sich hinzieht. Denn
mit jedem Tag, an dem der bewaffnete Konflikt andauert, steigt für die Mächtigen
und Regisseure im VW-Porsche-Reich die Wahrscheinlichkeit, den für den kommenden
Herbst vorgesehenen Börsen-Neustart der VW-Tochtergesellschaft absagen und
verschieben zu müssen. Auch die Porsche AG wird sich den Gesetzen des Marktes
beugen müssen, wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen. Schließen Moskau
und Kiew auf absehbare Zeit keinen Frieden, wächst das Risiko einer weltweiten
Rezession. Das wäre kein Umfeld mehr, bei dem sich eine Equity Story gegenüber
Investoren verkaufen ließe. Insofern war es angemessen, dass Johannes Lattwein,
seit Anfang Februar Finanzvorstand der Porsche SE, in der Telefonkonferenz der
interessierten Öffentlichkeit in Bezug auf die IPO-Pläne reinen Wein
einschenkte, indem er auf Nachfrage auf diese Problematik hinwies. Sollte sich
also das Worst-Case-Szenario bewahrheiten, wäre der in der Friedenszeit vor dem
Angriff auf die Ukraine entworfene Börsenplan für Porsche Makulatur.
Das wäre zwar für Topmanager vom Schlage eines Hans Dieter Pötsch, der in seiner
Doppelfunktion als CEO der Porsche SE und Chefaufseher der Volkswagen AG der
Gefahr von Interessenkonflikten unterliegt, sowie VW-Vorstandschef Herbert Diess
ein Ärgernis, aber für Volkswagen sicher verkraftbar. Sieben Jahre nach den
aufgeflogenen Dieselabgasmanipulationen geht es dem Dax-Riesen finanziell so
gut, dass seine Zukunft nicht vom Emissionserlös eines IPO der Porsche AG
abhängt. Dreh- und Angelpunkt bleibt die Entwicklung in der Ukraine, deren
Schicksal an das Hauptwerk von Leo Tolstoi erinnert.
(Börsen-Zeitung, 30.03.2022)
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