13.12.2022 20:20:38
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Gescheiterte Erpressung, Kommentar zur Europäischen Union von Andreas
Heitker
Brüssel (ots) - Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán hat gerade noch
rechtzeitig die Reißleine gezogen. Hätte er seinen Erpressungskurs, mit dem er
seit Monaten die anderen EU-Staaten in Geiselhaft nimmt, noch weiter
fortgesetzt, hätte sein Land zum Jahresende rund 4 Mrd. Euro aus dem Brüsseler
Corona-Wiederaufbaufonds unwiederbringlich verloren. Ob Budapests autoritärer
Herrscher dies seiner Bevölkerung noch irgendwie hätte erklären können? Wohl
kaum. Dass die anderen EU-Staaten nun den nationalen Aufbauplan gebilligt haben,
ist der kleine Triumph, den Orbán feiern kann. Aber Geld fließt jetzt noch lange
nicht aus Brüssel, sondern erst, wenn zahlreiche Reformen im Land umgesetzt
sind. Und dies ist der große Triumph der EU.
Natürlich: Das Einfrieren von gut 6 Mrd. Euro an Haushaltsgeldern tut Orbán noch
nicht wirklich weh. Hier geht es um EU-Mittel, die zum Teil erst in den Jahren
2025, 2026 oder 2027 fällig gewesen wären. Aber auch hier muss er nun erst
einmal konkrete Maßnahmen gegen Korruption in seinem Land umsetzen, bevor er
wieder die Chance hat, an das Geld zu kommen, auf das Ungarn zumindest
mittelfristig nicht so einfach verzichten kann.
Erstmals haben die EU-Institutionen jetzt ihren noch relativ neuen
Rechtsstaatsmechanismus angewandt - und er scheint zu wirken. Auch in den
Mitgliedstaaten gab es nun zum ersten Mal die nötige Mehrheit zum Eingreifen,
wenn EU-Gelder möglicherweise veruntreut werden. Und dies ist gerade vor dem
Hintergrund der aktuellen Korruptionsvorwürfe rund um das Europaparlament ein
wichtiges und nicht zu unterschätzendes Signal nach innen und außen.
Innerhalb der EU hatte Orbán spätestens mit seiner jüngsten Blockade der
Ukraine-Finanzhilfen seine letzten Verbündeten verloren. Selbst die ansonsten in
Fragen der Rechtsstaatlichkeit fest verbandelten Polen hatten sich abgewendet.
Zudem hatten die anderen Staats- und Regierungschefs Orbán sowohl im Falle der
Ukraine-Hilfe als auch bei der ebenfalls blockierten Mindeststeuer sehr klar
gemacht, dass sie eine Umsetzung notfalls auch im Kreise der EU-26 durchsetzen
würden - selbst wenn die Wege dann komplizierter würden. Die Erpressungsversuche
mit Hilfe der Vetos wären damit so oder so ins Leere gelaufen. Damit kommt die
EU jetzt doch noch 2022 zu ihrem Mindeststeuer-Beschluss, mit dem eigentlich
kaum noch jemand gerechnet hatte. In einem Jahr sollte die nationale Umsetzung
dann abgeschlossen sein, was dann auch in der Steuerpolitik für ein wenig mehr
Gerechtigkeit sorgt. Auch dies ist ein positiver Nebeneffekt aus dem
Ungarn-Paket.
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