01.02.2022 20:25:38

OTS: Börsen-Zeitung / Fragwürdige Rhetorik, Kommentar zur KfW von Jan Schrader

Fragwürdige Rhetorik, Kommentar zur KfW von Jan Schrader

Frankfurt (ots) - Während die Bundesregierung nach dem abrupten Stopp der

KfW-Kredite für Energieeffizienz eilig eine Notlösung präsentiert, skizziert die

Förderbank ihr Geschäft von morgen in pathetischen Worten: Ein "Jahrzehnt der

Entscheidungen", das die Lebensbedingungen künftiger Generationen prägen werde,

erkennt der neue Bankchef Stefan Wintels und nennt Klimawandel, Digitalisierung

und altersgerechtes Leben als Leitthemen. Pro Jahr hält er künftig ein

jährliches Neugeschäft von 100 Mrd. Euro oder auch mehr für möglich, womit die

KfW deutlich über dem Niveau läge, das vor der Pandemie üblich war. Die Rhetorik

bewegt sich auffällig nah am Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien, wo von einem

"Jahrzehnt im Umbruch", "Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen" oder vom

"Jahrzehnt der Bildungschancen" die Rede ist.

Die Worte passen zum Kurs der Förderpolitik: In der Coronakrise schöpften Bund

und KfW aus dem Vollen. Die aktuell ausgesetzten Energieeffizienz-Hilfen hatte

der Bund bereits kurz vor der Pandemie umfangreich aufgestockt. Die Berliner

Koalitionäre wollen die KfW als "Innovations- und Investitionsagentur"

verstanden wissen. Mögen die Coronahilfen für Unternehmen auch rückläufig sein,

die Negativzinsen als Stütze im Kreditneugeschäft schon wieder passé und die

Förderregeln für energieeffiziente Wohnhäuser vermutlich bald strenger: Das

Neugeschäft der KfW wird nicht auf das alte Niveau zurückfallen, alles andere

spräche der Wortwahl entgegen.

Welcher Umfang für eine Staatsbank angemessen ist, lässt sich freilich nicht an

einer Zahl ablesen; vielmehr müssen die Vorhaben einzeln bewertet werden. Nicht

nur waren die üppigen Hilfen für Energieeffizienz in Teilen zu großzügig, wie

sich jetzt zeigt. Auch die Corona­kredite bergen mit der Garantie des Bundes bis

heute Risiken für die Steuerzahler. Zugleich wird die Förderbank gebraucht: Das

Ziel einer Klimaneutralität setzt Technologien voraus, die noch weit von einer

Marktreife entfernt sind. Die Digitalisierung schreit nach Investitionen. Die

KfW ist eine wichtige Adresse in der Entwicklungszusammenarbeit, sie lockt als

Ankerinvestorin private Geldgeber in Wagniskapital und sie gibt klammen Kommunen

Kredite - all das kann wichtig sein.

Auf das richtige Maß kommt es also an. Das weiß auch KfW-Chef Wintels, der die

Wirtschaftlichkeit und eine gewissenhafte Evaluierung als Tugenden einer

Förderpolitik hervorhebt. Bleibt zu hoffen, dass er damit auch in Berlin Gehör

findet. Die Rhetorik der Politik sollte skeptisch stimmen.

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