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19.11.2021 20:29:38
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OTS: Börsen-Zeitung / Der Winter entscheidet, Marktkommentar von Kai Johannsen
Der Winter entscheidet, Marktkommentar von Kai Johannsen
Frankfurt (ots) - An den Finanzmärkten werden derzeit zwei Themen diskutiert -
und mal hat die eine Seite die Oberhand, mal die andere. Die Akteure sind hin-
und hergerissen zwischen Inflationsbefürchtungen auf der einen Seite und
Wachstumsbefürchtungen auf der anderen Seite. Und je nachdem, wie die Lage bei
den entsprechenden Konjunkturdaten ist oder wie Äußerungen von Notenbankern
ausfallen bzw. jene im bekanntermaßen oftmals auch sehr eigenen Urteil der
Märkte interpretiert werden, treten bestimmte Marktentwicklungen bei Aktien,
Staatsanleihen und Devisen - allen voran beim Euro/Dollar-Paar - auf.
Natürlich kann niemand mit Gewissheit sagen, wo die Inflation in den USA oder im
Euroraum in sechs oder zwölf Monaten sein wird. In der Nähe des Zielwertes der
Notenbanken? Oder weit über dem Wert, der aktuell dies- und jenseits des
Atlantiks konstatiert wird? Und genauso wenig können Volkswirte mit hoher
Verlässlichkeit angeben, wie sich die Wachstumsraten entwickeln werden. Belebt
sich die Konjunktur, oder erhält sie einen kräftigen Dämpfer? Und genau diese
Entwicklungspfade dieser beiden volkswirtschaftlichen Größen bestimmen auch die
Geschicke der Finanzmärkte in den kommenden Monaten. Dreh- und Angelpunkt wird
hierfür die weitere Covid-19-Pandemieentwicklung sein.
Der Winter steht vor der Tür. Ein Blick zurück: In der Pandemieentwicklung hat
vor gut einem Jahr geholfen, dass der Winter in vielen Ländern, auch der
Eurozone, recht mild ausgefallen ist. Vieles konnte sich im Freien abspielen.
Sollte der nun bevorstehende Winter sehr hart ausfallen, so dass die Menschen
auch wieder vermehrt gezwungen sind, sich drinnen und nicht draußen aufzuhalten,
steigt auch die Gefahr von Infektionen, weil eben vieles nach drinnen verlagert
wird. Das würde steigende Inzidenzen bedeuten. Manch einer möchte sich kaum
ausmalen, was das wiederum bedeutet angesichts von Inzidenzen von aktuell über
300 (Siebentagessicht je 100 Tsd.). Zur Erinnerung: Vor gut einem Jahr wurden
manche Länder angesichts von Inzidenzen von über 50 zu Risikogebieten erklärt.
Heute würde man sie - in der Sprache der Kapitalmärkte gesprochen - eher als
Safe Haven ansehen.
Verläuft der Winter mild, sind wohl - alles andere gleichgesetzt - eher nicht
steigende Infektionen zu befürchten und damit würde dann auch die Gefahr bzw.
Wahrscheinlichkeit von Lockdowns verbunden mit wirtschaftlichen
Beeinträchtigungen - Umsatz- und Ergebnisrückgängen der Firmen, vermehrter
Kurzarbeit, höherer Arbeitslosigkeit etc. - zurückgehen. Wachstumseinbrüche
würden somit eher nicht eintreten. Kommt es allerdings zu einem heftigen Winter,
steigenden Infektionen und womöglich Lockdowns wäre genau das Umgekehrte zu
befürchten. Und ein Konjunktureinbruch ist genau das Letzte, was so mancher
Notenbanker jetzt gebrauchen kann. Gegen die höhere Inflation können sich die
Währungshüter immer noch mit einer - deutlich - restriktiveren Geldpolitik
erfolgreich stemmen. Bislang agiert so manche Zentralbank zurückhaltend - mit
Blick auf den Winter abwartend und wahrscheinlich auch hoffend.
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist ebenfalls zurückhaltend - allen voran ihre
Präsidentin Christine Lagarde. Sie geht von temporären Inflationssteigerungen
aus. Die europäischen Währungshüter rechnen weiterhin mit einer zurückkommenden
Inflationsrate im gemeinsamen Währungsraum und hoffen wohl auch auf den milden
Winter ohne Wachstumseinbruch. Zurückkommende Inflationsraten und ausbleibende
Konjunkturbeeinträchtigungen würden die EZB eben gerade nicht zum Handeln in
Form höherer Leitzinsen zwingen. Das billige Geld bliebe - zumindest auf Sicht
der kommenden sechs Monate - erhalten. Dies ist eine wesentliche Triebfeder der
Aktienmarktentwicklung. Der Dax befindet sich ja in Rekordlaune und würde seinen
Gipfelsturm in diesem Umfeld - wenn vielleicht auch nur in Trippelschritten -
fortsetzen. Das scheint im Markt durchaus gehandelt zu werden. Am Anleihemarkt
ist die Entwicklung zuletzt ein wenig uneinheitlich gewesen. Von den
Renditesteigerungen ist der Markt der Bundesanleihen in den vergangenen Tagen
wieder abgewichen. Die Bundkurve befindet sich wieder davor, komplett im Minus
zu handeln. Auch das spricht dafür, dass die niedrigen Leitzinsen der Eurozone
dem Markt erhalten bleiben. Das nehmen die Renditeentwicklungen vorweg. Und
anhaltend niedrigere Leitzinsen sind auch nicht gerade ein stärkender Faktor für
die Gemeinschaftswährung, die zuletzt ja auch unter Druck stand.
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