13.08.2021 19:24:38

OTS: Börsen-Zeitung / Der Dax hebt ab, ein Marktkommentar von Werner Rüppel

Der Dax hebt ab, ein Marktkommentar von Werner Rüppel

Frankfurt (ots) - "Erstmals 16 000 Punkte Dax", hat die Deutsche Börse

publikumswirksam unter die große Dax-Tafel am Frankfurter Börsenparkett

geschrieben. Denn der die größten heimischen Aktien umfassende Deutsche

Aktienindex ist an diesem Freitag, den 13. August, erstmals über diese runde

Marke gestiegen. Dem Ausbruch zum Allzeithoch voraus ging eine Seitwärtsphase,

die vielleicht bei manchem den Eindruck erweckt haben mag, dass sich beim Dax

wenig tat. Das täuschte. Denn das heimische Börsenbarometer ist in diesem Jahr

bereits markant gestiegen und hat erstmals die Schwellen bei 14 000 und danach

15 000 Punkten überwunden. Im Vergleich zum Stand vom Ultimo 2020 von 13 719

Zählern hat der Dax im laufenden Jahr bereits mehr als 16 % zugelegt.

Doch warum ist der Dax so deutlich gestiegen? Und ist die Hausse überhaupt

gerechtfertigt? Diese Fragen stellen sich viele Marktteilnehmer, zumal mitunter

die Meinung vertreten wird, der deutliche Anstieg des Dax sei nicht

gerechtfertigt und heimische Aktien seien überbewertet.

Indes gibt es dafür, dass der Dax jetzt abhebt, sehr gute Gründe. Das sind vor

allem stark steigende Unternehmensgewinne, weiterhin extrem niedrige Zinsen und

eine relative Bewertung des Dax, die eher niedrig als hoch ist. Das

insbesondere, wenn man die außerordentlich niedrigen Zinsen in Euroland

berücksichtigt, die bis hin zu als Verwahrentgelte umschriebenen Strafzinsen für

Sparer gehen.

"Die Aktienkurse durchbrechen insbesondere aufgrund der Unternehmensgewinne

Rekordmarken", kommentiert Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und

Strategie der DekaBank. "Noch nie haben die im Dax enthaltenen Gesellschaften so

viel Gewinn erwirtschaftet wie im zweiten Quartal." Und die handfesten

Verbesserungen im operativen Geschäft würden sich im zweiten Quartal fortsetzen:

"Die Ausblicke der Unternehmen fallen in der Summe positiv aus und die Mehrzahl

der Gesellschaften hat mit der Vorlage der Quartalszahlen die eigenen

Geschäftserwartungen für das Jahr 2021 nach oben korrigiert." Auch Stratege

Frank Klumpp von der LBBW stellt fest, dass die Zahlen im Rahmen der

Berichtssaison in Europa deutlich besser als erwartet ausgefallen sind. Und

Christian Kahler von der DZBank zeigt anhand einer Aufstellung, dass der

Gewinntrend der Top-10-Werte im Dax klar weiter nach oben gerichtet ist.

Die Unternehmensgewinne brummen also richtig und dürften auch weiter klettern,

wozu nicht zuletzt auch durch die Pandemie bedingte Nachholeffekte beitragen

werden. "Die Weltwirtschaft bleibt trotz Covid-19 auf einem dynamischen

Wachstumspfad", erklärt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck.

Doch was ist mit der Zinsseite? Es sieht jedenfalls nicht danach aus, dass eine

deutliche Straffung der Geldpolitik diesseits und jenseits des Atlantiks

unmittelbar bevorstünde. Denn Fed und EZB agieren äußerst vorsichtig und

dürften, wenn überhaupt, allenfalls sehr langsam straffen. Nach Ansicht von

Greil bieten die derzeit hohen Inflationsraten in Deutschland und den USA wenig

Grund zur dauerhaften Sorge. Greil wörtlich: "Haupttreiber der beschleunigten

Inflation auf beiden Seiten des Atlantiks bleiben vorübergehende Effekte."

Speziell in Deutschland sind der Basiseffekt durch die vorübergehende

Mehrwertsteuersenkung sowie die höhere Steuer auf Benzin zu berücksichtigen.

Die EZB hat den Zins praktisch vollständig abgeschafft, und das wird auch eine

Weile so bleiben. "In Euroland markieren die Realzinsen historische Tiefstände",

erläutert Schallmayer. "Anleger, die ihr Vermögen am Geldmarkt parken oder in

Staatsanleihen angelegt haben, sind einem historisch hohen Kaufkraftverlust

ihrer Geldbestände ausgesetzt."

Vor dem Hintergrund des Nullzinsumfelds in Euroland, in dem immer mehr Banken

Verwahrentgelte für private wie institutionelle Gelder erheben, ist der Dax

preiswert. Nach den Berechnungen der LBBW ist der Dax auf Basis der für 2022

erwarteten Gewinne mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von gerade einmal 13,7

bewertet. Selbst bei einem Dax-Stand von 20 000 Punkten wäre das deutsche

Börsenbarometer nicht überteuert.

Alles in allem mag es vielleicht im saisonal schwierigen Monat September

Korrekturen geben. Doch steht der Dax-Anstieg auf solidem Fundament und die

steigenden Gewinne sprechen dafür, dass es noch weiter nach oben geht. So geht

auch Schallmayer davon aus, dass der deutsche Leitindex die erzielten

Rekordmarken noch toppen wird. Das ist wahrscheinlich: Der Dax hebt ab.

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