07.12.2018 20:30:40

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Börsen-Zeitung: Zinswende abgehakt, ein Marktkommentar von Kai

Johannsen

Frankfurt (ots) - An die von vielen Finanzmarktakteuren erwartete

Zinswende, die bei so manchem wohl eher ein frommer Wunsch angesichts

des Null- und Negativzinsumfeldes war als eine realistische

Kapitalmarktprognose, kann nun endgültig ein Haken gemacht werden.

Denn die Zeichen, die von den Kapitalmärkten kommen, sprechen eine

sehr klare Sprache. Die US-Renditestrukturkurve - abgeleitet aus den

Staatsanleihen - hat sich praktisch das gesamte Jahr über verflacht.

Das bedeutet, dass sich die kurz- und langfristigen Bondrenditen -

gemessen im Laufzeitenband von zwei bis zehn Jahren - immer stärker

angenähert haben. Verflacht die Kurve immer mehr, woraus sich eine

zunehmende Skepsis bzw. Sorge über die Konjunkturentwicklung

schlussfolgern lässt, kommt die Kurve folgerichtig irgendwann an den

Punkt, dass lang- und kurzfristige Zinsen auf dem gleichen Niveau

liegen. Dann steht die Kurve kurz vor der Inversion.

Eine Inversion der Kurve liegt vor, wenn die kurzfristigen

(zweijährigen) Zinsen über den langfristigen (zehnjährigen)

Bondrenditen liegen. Für die inverse Zinsstrukturkurve lautet die

lehrbuchmäßige Lesart: Die Akteure auf dem Bondmarkt stellen sich

darauf ein, dass die wirtschaftliche Aktivität abkühlen wird und die

Notenbank der Wirtschaft mit Zinssenkungen unter die Arme greifen

muss. Genau diese auf längere Sicht erfolgenden Zinssenkungen nimmt

der Staatsanleihemarkt bereits in der Gegenwart über diese

niedrigeren längerfristigen Bondrenditen vorweg. Umgekehrt lautet die

Lesart der bislang vorherrschenden normalen Zinsstrukturkurve: Die

Wirtschaft läuft rund, und die Zentralbank muss Überhitzungen der

Konjunktur und damit womöglich einhergehenden Inflationsgefahren auf

längere Sicht mit höheren Zinsen vorbeugen.

Die Renditestrukturkurve in den USA ist nun dabei zu invertieren.

Im Laufzeitenband von zwei bis zehn Jahren ist die Kurve noch nicht

invertiert. Aber im kürzeren Fälligkeitenbereich von zwei und drei

Jahren sowie von drei und fünf Jahren konnten in diesen Tagen

Inversionen der Kurve beobachtet werden. Es kam demzufolge vor, dass

die zweijährige US-Staatsanleiherendite über dem dreijährigen Satz

lag, und die dreijährigen Bondrenditen lagen zeitweise über den

fünfjährigen Sätzen. Ohne Frage muss man zum jetzigen Zeitpunkt

festhalten, dass der US-Staatsanleihemarkt bei der Herausbildung

einer inversen Kurve erst ganz am Anfang steht. Mit ein wenig Abstand

betrachtet liegen die Renditen von zwei- bis fünfjährigen

US-Staatsanleihen praktisch auf dem gleichen Niveau. Inversionen

erreichen Ausmaße von wenigen Basispunkten. Tatsache ist aber auch,

dass es die erste Inversion der US-Zinskurve seit gut einer Dekade

ist.

Warum kommt dieser Inversion eine so große Beachtung zu? Das liegt

an ihrer Prognosegüte. Kurveninversionen sind sehr gute Signalgeber

für die künftige wirtschaftliche Entwicklung. "In den USA ging jeder

der fünf vergangenen Rezessionen eine Inversion der Renditekurve -

die Zweijahresrendite lag dabei also über der Zehnjahresrendite -

voraus. Allerdings dauerte es nach einer ersten Inversion noch ein

bis zwei Jahre, ehe die Wirtschaft in eine Rezession rutschte", sagt

Bernd Weidensteiner, Volkswirt bei der Commerzbank. Die

US-Kurveninversion signalisiert derzeit also, dass der Wirtschaft

nach ihren zehn fetten Jahren nun eine magere Zeit bevorstehen wird.

Darüber sorgen sich Kapitalmarktteilnehmer. Denn dann sind am

langen Ende der Kurve auch künftig keine auskömmlichen Zinserträge zu

verdienen, was angesichts des jahrelangen Niedrig-, Null- und

Negativzinsumfeldes sicher für viele Assetmanager in Pensionsfonds

und Versicherungen keine rosige Perspektive ist. Aber auch für die

Unternehmen brechen härtere Zeiten an. Denn im Abschwung lässt sich

bekanntlich nicht so gut verdienen. Die schlechtere Ertragslage

quittieren die Aktien dann gern mit Kursrückgängen. Also sind

lukrative Alternativen gefragt. Und die sind rar gesät.

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