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28.05.2015 20:50:39

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Börsen-Zeitung: Weniger wäre mehr, Kommentar zum Brexit von Andreas

Hippin

Frankfurt (ots) - David Cameron hat ein Problem: Es konnte ja

keiner ahnen, dass seine Konservativen bei den Unterhauswahlen Anfang

des Monats die absolute Mehrheit holen würden. So erfreulich das für

die Tories auch gewesen sein mag, die angekündigte Volksabstimmung

über den Austritt aus der Europäischen Union lässt sich nun nicht

mehr unter Verweis auf einen unwilligen Koalitionspartner auf den

Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben.

Der britische Premierminister ist natürlich für den Verbleib

seines Landes in der Staatengemeinschaft. Cameron wollte mit dem

Versprechen, ein Referendum abzuhalten, nur den EU-Gegnern von der UK

Independence Party (Ukip) im Wahlkampf den Wind aus den Segeln

nehmen. Zudem nahm er an, mit der Austrittsdrohung im Rücken in

Brüssel bessere Konditionen herausholen zu können. Nun zeichnet sich

ab, dass er unter den europäischen Partnern kaum Unterstützung für

seine Forderung nach mehr nationaler Souveränität findet. Eine

Änderung der EU-Verträge, wie von London angestrebt, wird nicht zu

erreichen sein. Europa beschäftigen andere Themen wie die

Flüchtlingstragödie im Mittelmeer und der sich abzeichnende

Staatsbankrott Griechenlands. Und zumindest Berlin und Paris wollen

mehr als eine Freihandelszone: die Vereinigten Staaten von Europa, um

den USA auf der Weltbühne besser Konkurrenz machen zu können. Weniger

wäre mehr, denn eine noch tiefere Integration wird mit den Briten

nicht zu machen sein. Europafreunden unter den Konservativen wie

Cameron sind vor der Volksabstimmung die Hände gebunden. Zu dünn ist

die Mehrheit der Tories in Westminster, um so richtig die

Werbetrommel für die EU zu rühren, zu groß die Gefahr, dass

brüsselfeindliche Hinterbänkler zu Ukip überlaufen. Die nach Stimmen

drittstärkste politische Partei des Landes dürfte den Ton der Debatte

vorgeben. Auch wenn sich Nigel Farages Wahlverein zuletzt selbst

demontierte, darf mit seinem Comeback gerechnet werden. Das Thema

Europa ist heiß. Das zeigt sich schon daran, dass man sich inzwischen

auch bei Labour für ein Referendum ausspricht. Die bisherige

Verweigerungshaltung hat bei der Wahl offenbar zu viele Stimmen

gekostet.

Auch in anderen Ländern wachsen EU-feindliche Bewegungen. Aber

Cameron kommt zu früh, um bei den europäischen Partnern auf offene

Ohren zu stoßen. Wer in dieser Situation wie François Hollande auf

stur stellt, nimmt den Austritt Großbritanniens billigend in Kauf und

sorgt dafür, dass die Zentrifugalkräfte weiter zunehmen.

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