11.12.2015 20:40:39
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Börsen-Zeitung: Vor dem Finale furioso, ein Marktkommentar von
Christopher Kalbhenn
Frankfurt (ots) - Von einem beschaulichen Jahresausklang an den
Finanzmärkten braucht erst gar nicht geträumt zu werden. Vielmehr
steht kurz vor den Weihnachtsfeiertagen noch das Finale furioso an.
Am Mittwoch wird die Fed, wenn ihr Kommunikationsgebaren irgendeinen
Sinn haben sollte, sehr wahrscheinlich ihre lange hinausgezögerte
erste Leitzinserhöhung seit der Finanzkrise verkünden und auch in
einer Pressekonferenz erläutern. Kaum etwas ist in der Weltwirtschaft
und an den Finanzmärkten von so großer Tragweite wie die Einleitung
eines neuen Zinszyklus durch die amerikanische Notenbank. Auch wenn -
etwa durch den Anstieg des Dollar oder der Renditen zweijähriger
Treasuries - der seit einer halben Ewigkeit rhetorisch vorbereitete
Schritt zu einem Großteil vorweggenommen worden ist, ist davon
auszugehen, dass in den kommenden Monaten deutliche Auswirkungen an
den Märkten zu spüren sein werden.
Daran ändert auch der Umstand, dass ein eher kleiner und langsamer
Zinserhöhungszyklus bevorsteht und dies wahrscheinlich auch
kommuniziert werden wird, grundsätzlich nichts. Was in der neuen
Woche an den Märkten geschehen würde, wenn die Fed den Leitzins
entgegen allen Erwartungen und Ankündigungen nicht anheben sollte,
liegt auf der Hand. Heftige Reaktionen wären die Folge, weit
heftigere als die Kursbewegungen im Anschluss an die mit Enttäuschung
aufgenommenen Beschlüsse der Europäischen Zentralbank vom 6.
Dezember.
An den Anleihemärkten wird es nach der Leitzinserhöhung sicherlich
nicht zu Kurseinbußen kommen, die mit dem Renten-Crash von 1994
vergleichbar wären. Denn anders als heute war die Leitzinserhöhung
der Fed eine Überraschung, die den gesamten Anleihemarkt inmitten
einer euphorischen Phase völlig auf dem falschen Fuß erwischte. Am
Mittwoch wäre wie gesagt das Ausbleiben einer Zinserhöhung eine
Überraschung. Zudem befindet sich der Treasury-Markt nicht in einer
Bullenphase, sondern nimmt die Leitzinswende mit steigenden Renditen
bereits vorweg. So hat die Rendite zu Beginn des Monats die Schwelle
von 1% gestreift und damit den höchsten Stand seit dem Mai 2010
erreicht.
Ganz ruhig wird es aber kaum bleiben können. Es ist vielmehr zu
befürchten, dass die Emerging Markets noch einmal unter Druck geraten
werden. Auch sie haben die Folgen der US-Leitzinswende bereits zu
einem großen Teil vorweggenommen, leiden aber auch unter anderen
Problemen wie insbesondere der Wachstumsverlangsamung in China. In
der angeschlagenen Verfassung, in der sich etwa Südafrika und das vor
dem Junk-Status stehende Brasilien befinden, wird auch ein nur
moderater weiterer Anstieg des Dollar und der Treasury-Renditen bzw.
sich fortsetzende Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern für
Belastungen sorgen. Darüber hinaus wird die Zinswende auch für die
immer noch unter Druck stehenden Rohstoffmärkte alles andere als
hilfreich sein und zumindest in der Anfangsphase zu einer Fortsetzung
der Baisse und weiteren mehrjährigen Tiefstständen beitragen. Ein
festerer Dollar und höhere US-Zinsen sind fast immer für
Rohstoffnotierungen abträglich.
Nicht zuletzt wird auch der Aktienmarkt wahrscheinlich zumindest
vorübergehend von Unruhe erfasst werden. Lift-offs des US-Leitzinses
sind in der Vergangenheit stets mit einer allerdings nur
vorübergehenden Schwächephase einhergegangen. Laut der Credit Suisse
hat eine erste Leitzinserhöhung der Fed in der Vergangenheit zwar nie
das Ende eines Bullenmarktes eingeleitet. Im Durchschnitt hat der
amerikanische Aktienmarkt danach aber um ungefähr 7% nachgegeben, um
sechs bis neun Monate nach der ersten Anhebung wiederum ein um 2,2%
höheres Niveau zu erreichen. Das Institut verweist allerdings darauf,
dass es noch andere Warnsignale am US-Aktienmarkt gebe, wie eine
nicht mehr so starke Unterbewertung relativ zu den Treasuries,
anziehende Spreads am Credit-Markt, deutlich sinkende
Gewinnschätzungen bei gleichzeitig anziehenden Löhnen und die
Tatsache, dass die Fusions- und Übernahmeaktivität ein Niveau
erreicht hat, das sich in der Vergangenheit für den Aktienmarkt als
problematisch erwiesen hat.
Reagiert der US-Aktienmarkt negativ, werden sich auch europäische
Dividendentitel dem nicht ganz entziehen können. Außerdem werden
weitere Schwächeanfälle der Emerging Markets sowie der Rohstoffpreise
wie bereits zurzeit auch an den europäischen Märkten vorübergehend
für Verunsicherung sorgen.
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