26.10.2015 20:05:39
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Börsen-Zeitung: Und sie bewegt sich doch, Kommentar zur Europäischen
Union von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Wer am Sonntag den Wortmeldungen mehrerer
Regierungschefs vor dem Sondertreffen über Flüchtlingspolitik
lauschte, dem konnte angst und bange werden um die Europäische Union.
Die larmoyanten Einlassungen des Slowenen Miro Cerar, die
besserwisserischen Ratschläge des Kroaten Zoran Milanovic oder gar
die unerhörte "Was geht es mich an"-Haltung des Ungarn Viktor Orbán!
Viele Stellungnahmen waren schlicht schaurig - und hatten nichts mit
der solidarischen Wertegemeinschaft zu tun, als die sich die EU gerne
präsentiert.
Die öffentlichen Beschuldigungen zeigen allerdings nur ein
unvollständiges Bild. Immerhin gelang es nämlich jenen
Regierungschefs, die sich zum Auftakt der Beratungen noch halsstarrig
und streitsüchtig gegeben hatten, im Laufe des Abends, sich
zusammenzuraufen - und gemeinsam mit ihren Amtskollegen ein
Maßnahmenpaket auf den Weg zu bringen, das sogar noch umfangreicher
ausgefallen ist als erwartet. Zwar blieb der große Wurf aus, aber
eben auch der große Knall. Die EU bewegt sich in der Flüchtlingskrise
einmal wieder wie bereits in der Staatsschuldenkrise: im
Schritttempo. Aber immerhin: Sie bewegt sich. Und widerlegt damit die
Mutmaßungen derer, die sie bereits voreilig komplett abgeschrieben
haben.
Gewiss, viele Maßnahmen wirken völlig unterdimensioniert. Wie
sollen 50.000 Quartiere in Griechenland reichen, wenn täglich
Tausende einreisen? Was nutzen Zusagen über die Umverteilung von
160.000 Flüchtlingen, wenn bisher nur einige Dutzend tatsächlich in
ein anderes EU-Land geflogen wurden?
Allerdings zeigen Erfahrungen zurückliegender Wanderungsbewegungen
aus dem Kosovo nach Deutschland, dass es gelingen kann, die Dynamik
zu bremsen - und damit Probleme beherrschbar zu machen. Genau darauf
zielen die Maßnahmen. Niemand behauptet, dass es bereits die Lösung
im Umgang mit den nach Europa strömenden Flüchtlingen ist. Aber es
ist zumindest eine Chance, den Fluss in geordnete Bahnen zu lenken.
Die EU hat insofern an diesem Wochenende zwar ihre "große
Bewährungsprobe", von der Angela Merkel und EU-Kommissionschef
Jean-Claude Juncker zu Recht sprechen, noch längst nicht bestanden.
Genauso, wie die Schuldenkrise keineswegs überwunden war, als man
sich 2010 auf einen gemeinsamen Rettungsfonds geeinigt hatte. Aber
immerhin funktioniert sie noch in ihrer Funktion als Forum der
Aussprache und Verständigung. Das war nach all den Sprüchen vor dem
Sondertreffen nicht unbedingt zu erwarten.
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