26.10.2016 20:56:39

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Börsen-Zeitung: Und es geht schon wieder los, Kommentar zu

Versicherern von Antje Kullrich

Frankfurt (ots) - Die Verschnaufpause war nur kurz. Kaum ist die

Einführung des neuen europäischen Aufsichtsregimes Solvency II für

die Versicherer einigermaßen unfallfrei gelungen, geht die Diskussion

um das Regelwerk schon wieder los. Die europäische Aufsicht EIOPA ist

ganz vorn dabei. Sie sorgt gerade mit ihrem Vorstoß, eine zentrale

Zinsgröße für die Berechnung der Eigenmittelanforderungen, die

Ultimate Forward Rate (UFR), zu senken, für Wirbel.

Das Besondere an der Debatte sind Zeitpunkt und Frontverlauf.

EIOPA steigt früh in die ohne Frage notwendige Diskussion über die

Weiterentwicklung des Regelwerks ein. Dabei plädieren viele in

Branche, Politik und Aufsicht dafür, doch erst einmal in Ruhe

Erfahrungen mit der Praxis zu sammeln. Bemerkenswert ist außerdem,

dass EIOPA öffentlich auf Konfrontationskurs zum größten nationalen

Aufseher in Europa, der deutschen BaFin, geht.

Die Bewertung dieses öffentlichen Disputs ist auch eine Frage der

Einstellung. Pessimisten könnten fragen: Wie können wir zu einem

gelebten einheitlichen Aufsichtsregime kommen, wenn sich sogar die

Aufseher selbst in zentralen Fragen uneinig sind? Optimisten würden

die Offenheit loben, Meinungsverschiedenheiten mit Sachargumenten

auch in der Öffentlichkeit auszutragen und nicht nur hinter

verschlossenen Türen zu verhandeln, um nachher ein ohnehin wieder

anfechtbares Ergebnis zu präsentieren.

In der Sache - und auch das macht das schwierige Thema Solvency II

nicht einfacher - haben beide Aufseher Recht. EIOPA-Präsident Gabriel

Bernardino führt an, dass sich das Zinsumfeld gravierend geändert

hat, seit die UFR, auf die sich die für die Berechnung des

Eigenmittelbedarfs wichtige Zinsstrukturkurve langfristig zubewegt,

auf 4,2% festgezurrt wurde. Unrealistische Annahmen, so argumentiert

Bernardino, unterhöhlten die Glaubwürdigkeit der Versicherer und

ihrer Aufsicht.

BaFin-Chefaufseher Frank Grund, der die Absenkung auf 3,7% für

nicht plausibel hält, hat wohl mehr die unmittelbaren praktischen

Auswirkungen im Blick. Er dürfte eine Zuspitzung der Situation für

die ohnehin gebeutelten deutschen Lebensversicherer befürchten. Für

sie würden ihre riesigen Altbestände mit den unverrückbaren hohen

Garantieversprechen über Jahrzehnte noch mehr zur Last, und sie

bräuchten weitere Eigenmittel. Kurzfristig kippelnde Unternehmen

infolge langfristiger mehr oder weniger willkürlicher Annahmen sind

jedoch auch nicht im Interesse von Aufsicht und Kunden.

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