04.09.2014 20:50:47
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Börsen-Zeitung: Pyrrhussieg, Kommentar zur EZB von Mark Schrörs
Frankfurt (ots) - Was für ein Paukenschlag: Entgegen den meisten
Prognosen hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen auf
neue Rekordtiefs geschleust und den Kauf von Kreditverbriefungen und
Covered Bonds verkündet. EZB-Chef Mario Draghi mag das als Erfolg
verbuchen, hatte er sich doch in Sachen weiterer Lockerung weit
vorgewagt. Allerdings ist die Gefahr groß, dass sich das rasch als
Pyrrhussieg entpuppt: Die EZB wird und kann nicht der "Game Changer"
sein, der das Ruder für den Tanker Euroland herumreißt. Stattdessen
wirkt sie zunehmend als Getriebene, die immer stärker Gefahr läuft,
mehr Schaden anzurichten, als Nutzen zu stiften.
Natürlich kann es die EZB nicht kaltlassen, wenn die Inflation
knapp über der Nulllinie verharrt und die Wirtschaft darbt. Besonders
das Risiko, dass in der Folge die Inflationserwartungen absacken,
muss sie absolut ernst nehmen. Bislang aber scheinen die zentralen
mittel- bis langfristigen Erwartungen noch "verankert". Insofern
hätte die EZB erst einmal zuwarten können, zumal das
Juni-Lockerungspaket großteils noch "in der Pipeline" ist.
Vor allem aber sind die Möglichkeiten der EZB und der Geldpolitik
aktuell schlichtweg limitiert: Wichtiger für den Konjunktur- und
damit für den Inflationsausblick als weiter sinkende Zinsen wäre
aktuell, dass die Ukraine-Krise gelöst wird, damit Firmen wie
Verbraucher Vertrauen schöpfen. Wichtiger als der Kauf privater
Wertpapiere wäre es, dass Bankbilanzen rigoros bereinigt werden und
marode Banken verschwinden. Wichtiger als Staatsanleihekäufe wäre es,
dass Frankreich und Italien endlich verschleppte Reformen angehen.
Die Verantwortung, die Stimmung herumzureißen, liegt also
eindeutig im Feld der Politik. Leider ist es ein bekanntes Muster,
dass sich diese entspannt zurücklehnt, wenn die EZB in die Bresche
springt. Draghi weiß um das Problem und begeht den Fehler nun doch
schon wieder.
Zudem hat jede weitere Maßnahme zur Konsequenz, dass
Marktverzerrungen zunehmen, Fehlanreize gesetzt werden und
Vermögenspreisblasen drohen. Besonders der - zudem reichlich
unausgegoren wirkende - Kauf von Kreditverbriefungen ist aktuell
höchst problematisch: Der EZB droht, dass die Banken sämtlichen
Schrott bei ihr abzuladen versuchen und sie in der Tat zur Bad Bank
Eurolands mutiert.
Nicht zuletzt aber wächst die Gefahr, dass durch das Anwerfen der
Notenbankpresse der Rückhalt der deutschen Öffentlichkeit für die
EZB-Politik vollends verschwindet - und damit auch jener für das
"Projekt Währungsunion". Das wäre wahrlich eine alarmierende
Entwicklung.
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