23.11.2018 20:30:40

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Börsen-Zeitung: Politischer Ölpreis, Marktkommentar von Dieter

Kuckelkorn

Frankfurt (ots) - Als der Brent-Ölpreis Anfang Oktober auf rund 85

Dollar je Barrel geklettert war, zeigten sich viele Analysten und

Manager aus der Ölindustrie davon überzeugt, dass die Notierung des

wichtigsten Energieträgers bis zum Jahresende auf 100 Dollar je

Barrel klettern würde. Dazu ist es bekanntlich nicht gekommen. Am

Freitag sackte die Notierung von Brent Crude um rund 6,5 Prozent auf

weniger als 59 Dollar ab. Dass viele Analysten so gründlich daneben

lagen, liegt vor allem daran, dass der Ölpreis nicht nur durch das

aktuelle Angebot, die von der globalen Konjunktur beeinflusste

Nachfrage, die freien Kapazitäten und die Produktionsplanungen der

Anleger beeinflusst wird. Der Ölpreis ist nicht zuletzt auch ein

politischer Preis.

Das begann bereits im Herbst 1973 mit der Ölkrise, als die

arabischen Ölexporteure die westlichen Länder wegen ihrer

Unterstützung Israels im Jom-Kippur-Krieg unter Druck setzten. Eine

weitere starke Beeinflussung des Ölpreises in jüngerer Zeit hat es

zwischen Juni 2014 und Januar 2016 gegeben. In dieser Zeit fiel der

Brent-Ölpreis von rund 115 Dollar bis auf 28 Dollar je Barrel.

Zwar spielte sicherlich auch eine große Rolle, dass die Kohäsion

innerhalb der Opec vor dem Hintergrund der steigenden Produktion

außerhalb des Kartells - vor allem in den USA und in Russland -

verloren ging und dass es den großen Anbietern wichtig war,

Marktanteile zu bewahren, deren Wiedergewinnung langfristige

Anstrengungen erfordert hätte. Dennoch hatte sich ein Anbieter wie

Saudi-Arabien, der auf hohe Öleinnahmen zur Sicherstellung

politischer Ruhe im eigenen Land angewiesen ist, wie zuvor noch

niemals auf einen derartigen Preisverfall eingelassen, der

normalerweise die Bereitschaft zum Kompromiss selbst mit Kontrahenten

wie den Iran gefördert hätte. Viele Beobachter sind davon überzeugt,

dass Saudi-Arabien auf Drängen der militärischen Schutzmacht USA

aktiv wurde, um Russland im Rahmen der Krim-Krise in die Knie zu

zwingen.

Bei dem aktuellen Preisverfall um rund 33 Prozent dürfte es jedoch

darum gehen, Saudi-Arabien unter Druck zu setzen. An den

entsprechenden Stellschrauben dreht dabei US-Präsident Donald Trump,

der Öl als politische Waffe bereits gegen den Iran eingesetzt hat, um

mit Hilfe der Sanktionen den wachsenden Einfluss Teherans in der

Region um den persischen Golf und in Syrien einzudämmen. Nach

Einschätzung vieler politischer Beobachter ist das zuvor enge

Verhältnis zwischen Trump und dem saudischen Kronprinz Mohammed

bin-Salman zuletzt abgekühlt, wobei sich auf mehreren Gebieten

Meinungsverschiedenheiten aufgetan haben - wobei der Mord an dem

saudischen Journalisten Jamal Khashoggi noch die geringste Rolle

spielt.

Ein wichtigerer Aspekt sind die Bestrebungen Trumps, ein

israelisch-palästinensisches Abkommen zu arrangieren, dass das

Problem aus israelischer Sicht ein für alle Mal lösen und dem noch

vor Saudi-Arabien wichtigsten US-Verbündeten in der Region den Rücken

frei halten würde. Während bin-Salman der Idee zugetan ist, soll sein

Vater, König Salman, in diesem Punkt stark bremsen. Ohne saudische

Ölmilliarden bestehen aber kaum Aussichten auf eine Zustimmung der

Palästinenser.

Trump soll auch unzufrieden damit sein, dass aus den von ihm groß

angekündigten saudischen Waffenkäufen in den USA über mehr als 110

Mrd. Dollar bislang nichts geworden ist. Saudi-Arabien hat im

laufenden Jahr bislang lediglich für 14,5 Mrd. Dollar bei der

US-Rüstungsindustrie bestellt. Der saudische Kronprinz hat inzwischen

sogar dafür gesorgt, dass sein Land in großem Umfang Waffen in

Russland kauft, was aus Sicht Trumps eine rote Linie überschreitet.

Trump steht zudem unter Druck aus dem Kongress, für ein Ende des von

den Saudis betriebenen Jemen-Kriegs zu sorgen.

Um Druck auf die Saudis auszuüben, hat sich Trump bereiterklärt,

dem Iran trotz der harten Sanktionen umfangreiche Ölexporte zu

genehmigen, was wie geplant den Ölpreis nach unten bugsiert hat. Wenn

dann noch vor allem Libyen, Venezuela und die USA zusammen rund 1

Mill. Barrel pro Tag mehr produzieren als erwartet, sind ausgeprägte

Reaktionen am Terminmarkt wie am Freitag die Folge. Ob sich

Saudi-Arabien traut, die Opec am 6. Dezember gegen den ausdrücklichen

Willen Trumps auf umfangreiche Förderkürzungen einzuschwören, wird

sich zeigen.

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