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28.09.2015 20:50:40

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Börsen-Zeitung: Nur keine Beißhemmung! Kommentar zu Anacredit von

Detlef Fechtner

Frankfurt (ots) - Erst kürzlich hat die Bundesregierung einmal

mehr daran erinnert, wie wichtig aus ihrer Sicht die strikte Trennung

von Geldpolitik und Bankenaufsicht ist. Mancher wird fragen, warum

das der Erwähnung bedürfe. Darüber bestehe doch in Euroland ohnehin

Einvernehmen. Wirklich? So sicher sollte man sich da nicht sein. Denn

seit Start der Euro-Aufsicht machen sich im Grunde nur noch die

Deutschen einen Kopf darüber.

Dabei ist just im Moment anschaulich zu besichtigen, was die

Doppelrolle der Europäischen Zentralbank konkret bedeutet. Es geht

wieder einmal um das Aufregerthema Anacredit. Dieses Melderegister

für Kredite ist umstritten, weil die Banken hohe Kosten fürchten und

nicht verstehen können, warum solch große Datenmengen für solch

kleine Kredite benötigt werden. Zugleich werfen EU-Abgeordnete den

Notenbankern unangemessene Sammelwut vor, die mit Prinzipien des

Datenschutzes unvereinbar sei.

Es mag ein Zufall sein - aber eben einer, der nachdenklich stimmen

sollte -, dass EZB-Chef Mario Draghi jüngst im EU-Parlament wie

gewohnt alle Fragen freihändig beantwortete - außer zum Thema

Anacredit. Das war der Moment, als Draghi eine vorgefertigte Antwort

vom Blatt ablas. Gut möglich, dass der EZB-Chef demnächst noch öfter

ungewohnt defensiv auftreten muss. Im EU-Parlament startet gerade die

Mobilisierung für eine Kampagne gegen Anacredit. Der zuständige

Fachausschuss will keine Ruhe geben, die EU-Bürgerbeauftragte wird

eingeschaltet, um sich mit der EZB anzulegen - und es gibt Drohungen,

bei Bedarf vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen.

Für die EZB wäre es gewiss eine neue Erfahrung, von einem anderen

EU-Organ so frontal angegriffen zu werden. Bisher sind alle

Begegnungen des Parlaments mit der EZB von einem besonderen Respekt

geprägt, um nicht in den Ruch zu kommen, die Unabhängigkeit der

Zentralbank anzugreifen. Doch in der Frage des Kreditmelderegisters

geht es mindestens genauso sehr um Aufsicht wie um Geldpolitik. Die

Proportionalität und Sinnhaftigkeit von Anacredit in Frage zu stellen

ist daher kein Angriff auf die Unabhängigkeit der EZB, sondern die

legitime, ja notwendige demokratische Kontrolle einer Behörde. Es ist

zu hoffen, dass die EU-Parlamentarier keine Beißhemmung haben - aus

Sorge, die Reputation der EZB zu beschädigen. Solcherlei Bedenken

wären ein fatales Missverständnis - und Beleg dafür, dass es allzu

gute Gründe dafür gibt, auf die strikte Trennung von Geldpolitik und

Aufsicht in Euroland zu pochen.

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