11.08.2016 20:50:39
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Börsen-Zeitung: Kurz und schlecht, Kommentar zu Halbjahresberichten
von Michael Flämig
Frankfurt (ots) - In der Kürze liegt die Würze. Nach dieser
Weisheit handeln in diesem Jahr Investor-Relations-Abteilungen
landauf, landab. Teils haben die Vorstände die Berichte zum ersten
und dritten Quartal gestrichen - der Gesetzgeber erlaubt dies. Aber
auch das Volumen der Finanzberichte schrumpft, indem Redundanzen und
Infomüll entsorgt wurden. Sofern dies handwerklich gelingt, ist es
lobenswert. Zum Halbjahr allerdings haben etliche Adressen ihre
Streichorgie übertrieben.
Beispiel Allianz: "6M" prangt auf dem Cover dort, wo zwölf Monate
zuvor "Q2" stand. Dementsprechend finden sich in dem Werk, das um
mehr als die Hälfte geschrumpft ist, Tabellen nur noch mit
Halbjahreszahlen. Auch im Fließtext sind Informationen über das
zweite Quartal Mangelware - die Wirtschaftsprüfer hatten auch gar
nicht mehr den Auftrag für ein Quartals-Audit. Ein Taschenrechner
hilft nur weiter, wenn der Leser sich zuvor die korrespondierenden
Angaben zum ersten Quartal zusammengesucht hat. Rundungsfehler in den
Ergebnissen der Rechenoperationen sind garantiert. Das Resultat: Es
fehlt jegliches Gefühl dafür, welche Dynamik das Geschäft in jüngerer
Zeit hatte.
Der Spartick in den Berichten ist noch die Ausnahme. Namhafte
Konzerne haben sich der Mode verweigert. Darunter sind zum Beispiel
BMW, Fresenius, Continental, Deutsche Bank, Telekom, Lufthansa,
Deutsche Post, BASF, Infineon, Bayer, Adidas oder Metro. Aber die
Zahl der Informationsminimierer steigt. Beiersdorf fährt diese Linie
schon traditionell. Konzerne wie Siemens oder Osram sind zum Halbjahr
ihrer Geschäftsjahre erstmals auf den Zug aufgesprungen. Auch
kleinere Werte wie Patrizia Immobilien gehören zu den Pionieren.
Dabei treibt es nicht jeder so wild wie der Augsburger
Immobilienspezialist, der sogar in der Präsentation das zweite
Quartal völlig ausspart. Allianz, Siemens oder Osram legen dagegen in
ihren Präsentationen und Pressemitteilungen den Schwerpunkt auf die
zurückliegenden drei Monate. Die Allianz liefert zudem ausführliche
Excel-Tabellen. Wer will, kann sich die Angaben also zusammensuchen.
Voraussetzung dafür allerdings ist, überhaupt zu wissen, welcher
Logik das Verteilen der Infos auf die unterschiedlichen
Kommunikationswege folgt.
Anleger brauchen keinen Flickenteppich, sondern einen Überblick.
Der Finanzbericht ist der Dreh- und Angelpunkt für diesen
Informationsanspruch. Allianz & Co. sollten nachbessern, auch wenn
hierzu zusätzlich Quartalszahlen testiert werden müssen. Kurz und
gut: Kurz ist in diesem Fall schlecht.
OTS: Börsen-Zeitung
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