16.09.2016 20:36:40

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Börsen-Zeitung: Die Renditen sinken wieder, Marktkommentar von Kai

Johannsen

Frankfurt (ots) - Der Renditeanstieg am Markt der

Eurozone-Staatsanleihen, der in den vergangenen Handelstagen zu

beobachten gewesen ist, hat im Handel wieder einmal die Frage

aufgeworfen, ob das nun die Bodenbildung ist und damit der Schritt

zur Zinswende eingeleitet ist oder ob es sich wieder um einen dieser

kurzlebigen Ausbruchsversuche nach oben handelt. Vieles spricht für

Letzteres, und die Anleger sind wieder einmal gut beraten, Ruhe zu

bewahren, sich von dieser Marktentwicklung nicht ins Bockshorn jagen

zu lassen und sich die dahinterstehenden Faktoren einmal etwas

genauer anzusehen.

Ausgelöst wurde der Sprung der Renditen nach oben - die

zehnjährige Bundrendite bewegte sich vom Minusbereich wieder ins Plus

- zum einen durch Äußerungen von Eric Rosengreen, Präsident der Fed

von Boston und stimmberechtigtes Fed-Mitglied, der vor einem zu

langen Warten bei dem nächsten Zinsschritt der Fed warnte. Derartige

Äußerungen haben schon so manches Mal für Renditeaufwärtsbewegungen

gesorgt. Sicherlich ist seine diesbezügliche Einschätzung korrekt,

man sollte sich aber vor Augen führen, dass wichtige

US-Konjunkturdaten - wie etwa der Arbeitsmarkt oder die

Einkaufsmanagerindizes - zuletzt enttäuscht haben. Das spricht dafür,

dass die Fed im September erneut abwartet, was die Renditen eher

wieder nach unten befördert.

Zum anderen wurde der Renditeaufwärtstrieb auch durch die

Europäische Zentralbank (EZB) ausgelöst. Mario Draghi und Co.

entschieden sich bei der jüngsten Sitzung geradeaus zu fahren und

beschlossen keine weiteren Lockerungsmaßnahmen, was am Markt mit

etwas Enttäuschung aufgenommen wurde. Die Zinsanalysten aus dem Hause

der Commerzbank weisen zu Recht auf ein wichtiges Detail hin, das am

Markt von dem einen oder anderen vielleicht übersehen wurde. So stieg

(!) die Prognose für die Kerninflation für 2017 auf 1,3 Prozent. Dies

lege den Schluss nahe, dass die nächsten Lockerungsschritte zum

Jahresende anstehen sollten, da dieses Ziel leicht unterschritten

werden könnte. Aus dieser Sicht sollten sich Marktakteure also eher

auf niedrigere Renditen einstellen.

Angetrieben wurde die Aufwärtsbewegung der Bondrenditen auch durch

Spekulationen, dass die Bank of Japan an einer steileren Kurve der

japanischen Renditen interessiert sein und deshalb beschließen

könnte, weniger langlaufende Anleihen zu kaufen und verstärkt in

kurzfristige Papiere des japanischen Staates zu investieren und damit

am kurzen Ende die Sätze noch tiefer ins Minus zu drücken. Die Bank

of Japan tagt in der neuen Woche. Auch hier sollte man abwarten und

zunächst Ruhe bewahren.

Was am Markt allerdings etwas untergegangen ist, sind die

Umschichtungen einiger größerer Hedgefonds. Sie hatten lange Zeit

darauf gesetzt, dass sich der Renditeabstand (Spread, zum Beispiel im

zehnjährigen Laufzeitenbereich) zwischen den USA und der Eurozone

ausweitet (höhere Renditen in den USA wegen Spekulationen auf einen

näher rückenden US-Zinsschritt und niedrigere Bondrenditen in der

Eurozone wegen des QE der EZB), und hatten sich deshalb mit

langlaufenden Bundesanleihen eingedeckt. Infolge erst mal

ausgebliebener Lockerungsmaßnahmen der EZB und der Erwartung, dass

sich der US-Zinsschritt wieder verschiebt, wurde diese Erwartung

wiederum gedreht. Hedgefonds gingen von höheren Bundrenditen und

niedrigeren US-Renditen aus und schichteten um. Das sorgte für

Verkäufe in Bundesanleihen.

Hinzu kam ein spezieller Faktor am Eurozonen-Markt. Die Spreads

der Peripheriebonds kamen immer näher an die Kernländer heran, und

bei einzelnen Laufzeiten gab es nicht genügend Nachfrage. Auch hier

wurden Verkäufe gesehen, die die Renditen nach oben drückten.

Wo steht der Markt aktuell, speziell die Bundesanleihen? Bis

Donnerstag der abgelaufenen Woche war die zehnjährige Bundrendite

noch im positiven Bereich, wenn auch nur knapp. Die Grenze von

positiv zu negativ konnte also bei knapp unter zehn Jahren Laufzeit

gezogen werden. Damit war der Markt in etwa auf dem Niveau

angekommen, das er am 9. Juni - rund zwei Wochen vor dem Brexit-Votum

Großbritanniens - hatte. Doch am Freitag hat sich der Kursanstieg am

europäischen Rentenmarkt fortgesetzt; die zehnjährige Bundrendite ist

wieder in den Minusbereich abgerutscht. Bis auf minus 0,02 Prozent

ging es herunter. Der Markt hat die Aufwärtsbewegung der Renditen

praktisch ausgeglichen. Das Tief am 9. September war bei minus 0,05

Prozent. Sollte die Fed abermals stillhalten und sich am Markt die

Einschätzung verfestigen, dass die EZB noch in diesem Jahr beim QE

nachlegt, steht tieferen Sätzen nichts im Weg.

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