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13.03.2015 20:55:47

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Börsen-Zeitung: Die Aufblähung des Dax, Marktkommentar von Christopher

Kalbhenn

Frankfurt (ots) - Selbst gestandene Börsenprofis kommen aus dem

Staunen nicht mehr heraus, und sie geben unumwunden zu, das nicht

vorausgesehen zu haben. Die phänomenale Entwicklung des Dax seit

Jahresbeginn sprengt sämtliche Erwartungen - auch die offensivsten

Prognosen, die vor rund drei Monaten gegeben wurden, sind deutlich

übertroffen worden. Purzelte seit dem Januar zunächst eine

Hunderter-Marke nach der anderen, scheinen nun die Tausender dran zu

sein. Zur Marke von 12000 fehlten beim Rekordhoch vom Freitag von

11903 nur noch 0,8%, am Freitag wurde bereits über die Marke von

13000 Punkten diskutiert. Warum nicht auch 14000 oder 15000 Zähler,

wenn wir schon dabei sind?

Der Aktienmarkt - das kann diagnostiziert werden - hat sich nahezu

komplett von den Fundamentaldaten losgelöst. Analysten und Strategen

hatten keine Chance, das Ausmaß der Hausse vorauszusehen, weil die

herkömmlichen Maßstäbe, mit denen das Aufwärtspotenzial zu ermitteln

versucht wird, einfach nicht greifen bzw. zurzeit irrelevant sind.

Zur Jahreswende wurde vielfach noch die These vertreten, dass die

lange Phase der KGV-Expansion (Kurs-Gewinn-Verhältnis), in der die

Kurse bei stagnierenden bis rückläufigen Unternehmensgewinnen kräftig

stiegen, vorbei sei und nun die Ergebnisentwicklung den Aktienmarkt

treiben würde. Tatsächlich stellt sich nun heraus, dass es -

zumindest derzeit - völlig egal ist, ob die Gewinne der

Dax-Unternehmen wie vom Konsens erwartet in diesem Jahr um 10%

wachsen oder aber mit einem Plus im niedrigen einstelligen Bereich

ernüchtern werden. Der Aktienmarkt wird bislang auch in diesem Jahr

von einer KGV-Expansion getrieben, oder auf deutsch: Der Dax wird

weiter aufgebläht. Gut möglich, dass diejenigen richtig liegen, die

die These vertreten, dass für eine Einschätzung der Marktaussichten

angesichts des aktuellen Umfelds mit höheren KGV-Ansätzen gearbeitet

werden muss.

Verselbständigt

Letztlich ist die Entwicklung eine Folge der Aufhebung der

Marktkräfte durch die ultralockere Geldpolitik. Die extrem niedrigen

Zinsen und die seit der abgelaufenen Woche stattfindenden

Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank verstärken den Druck, zu

höher rentierlichen Assets wie etwa Immobilien, Anleihen mit minderer

Bonität oder längerer Laufzeit oder eben Aktien zu greifen. Allein in

der ersten Woche des Anleihekaufprogramms der EZB hat der Dax um 3%

zugelegt, seit Jahresbeginn summieren sich seine Gewinne auf

stattliche 21,4%. Getragen wird die schwunghafte Bewegung auch von

Verselbständigungsprozessen, die die Aufwärtsbewegung verstärken

("die Hausse nährt die Hausse"). Der Markt wird nicht nur durch den

Anlagenotstand befeuert. Allein die Spekulation darauf, dass die

Ausweichreaktionen der Investoren die Kurse noch erheblich weiter

nach oben treiben werden, zieht weitere Käufer an. Hinzu kommt der

steigende Performance-Druck auf Marktteilnehmer, die die

Aufwärtsbewegung verpasst haben. Nicht zuletzt werden Akteure, die

den Markt aus durchaus nachvollziehbaren Erwägungen geshortet haben,

zu Eindeckungen gezwungen.

Es ist allerdings zuzugestehen, dass es durchaus Verbesserungen in

den fundamentalen Rahmenbedingungen gibt. So erhöht der deutliche

Verfall des Euro insgesamt das Ergebnispotenzial der Dax-Unternehmen.

Die Prognosen für das Wachstum Deutschlands ziehen an und bewegen

sich auf die 2%-Marke zu, getragen von einer anziehenden

Binnennachfrage. Unabhängig von der kaum zu beantwortenden Frage, wie

lang und wie hoch die derzeitige Dynamik den Dax noch treiben kann,

ist es jedoch Fakt, dass der Aktienmarkt mit einem jetzt erreichten,

den Durchschnitt der zurückliegenden zehn Jahre weit übertreffenden

KGV von 15 ein hohes Bewertungsniveau erreicht hat. Es gibt zwar

durchaus Argumente für höhere KGVs. Es muss aber auch gefragt werden,

ob sie zu einem Umfeld passen, das geprägt ist von im Vergleich zu

früheren Zyklen strukturell niedrigerem Wachstum und sehr niedrigen

Inflationsraten sowie von möglichen Volatilitätsschüben, wie sie im

Oktober 2014 auftraten. Letztere drohen aufgrund der nicht

unbeträchtlichen Risiken, die etwa von einem Wiederaufflammen der

Ukraine-Krise, dem Wachstum Chinas, einem möglichen "Grexident"

(unfallartiger Staatsbankrott und/oder Ausscheiden aus der Eurozone)

und nicht zuletzt von der kommenden Leitzinswende in den USA, die

z.B. den Druck auf Schwellenländer-Assets weiter erhöhen könnte,

ausgehen.

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