14.07.2017 20:50:40

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Börsen-Zeitung: Der behutsame Fed-Kurs, Marktkommentar von Kai

Johannsen

Frankfurt (ots) - Von der US-Notenbank Federal Reserve sind die

Marktteilnehmer in Sachen Zinspolitik und diesbezüglicher

Kommunikation so einiges gewöhnt. Vor allem, dass die Fed Vorsicht

walten lässt bzw. geradezu übervorsichtig agiert, was an den Märkten

über weite Strecken nur noch auf Unverständnis stieß. Jahrelang

scheute bzw. sträubte sich die Fed geradezu dagegen, überhaupt die

erste Zinsanpassung nach oben vorzunehmen. Irgendetwas passte immer

nicht ins Kalkül und ließ die Verantwortlichen bei der US-Zentralbank

immer wieder in die Defensive gehen.

Da war es die Konjunkturentwicklung im Allgemeinen, die keine

Zinsanpassung nach oben vertragen würde, weshalb man lieber noch mal

weitere Makro-Daten abwarten wollte, die zeigen sollten, ob der

Aufschwung denn auch robust genug und selbsttragend ist. Passten die

Konjunkturdaten im Allgemeinen, war es der Arbeitsmarkt im

Speziellen, der zur Vorsicht mahnte. War die Zahl der neu

geschaffenen Stellen nach dem Geschmack der Fed, gefiel ihnen die

Arbeitslosenquote noch nicht, sie sollte sich erst noch weiter

verbessern. Dann waren es die Stundenlöhne, die im Urteil der Fed

nicht genügend zulegten und die damit zeigten, dass vom Aufschwung

nicht genügend im Portemonnaie der Arbeitnehmer ankommt. Dann war es

die Inflation, die nicht so richtig anspringen wollte. Darüber hinaus

bereiteten die fragilen Verhältnisse an den Finanzmärkten

Kopfzerbrechen, oder der Ölpreis trieb Fed-Chefin Janet Yellen und

Kollegen Sorgenfalten auf die Stirn. Befürchtungen, Chinas Wirtschaft

könnte unter US-Zinsanhebungen leiden, ließen die US-Währungshüter

genauso zurückhaltend taktieren wie die Angst, dass alle

Schwellenländer zusammen unter dem Kapitalabzug aufgrund der

Leitzinsanpassungen in den USA Schwierigkeiten bekommen könnten.

Darüber hinaus waren die Staatsschuldenkrise in der Eurozone, die

allgemeinen geopolitischen Risiken, die Entwicklungen in Russland und

dergleichen mehr Grund genug für die Fed, mit Zinsschritten noch zu

warten.

Ende 2015 hat die Fed dann endlich den lang erwarteten Zinsschritt

nach oben vorgenommen und das Leitzinsniveau in den USA in der

Folgezeit auf die mittlerweile geltende Spanne von 1 bis 1,25%

angehoben. So mancher Akteur hatte sich für dieses Jahr noch auf ein

oder zwei weitere Schritte eingestellt und für 2018 weitere zwei oder

drei Zinsanhebungen einkalkuliert. Gleichzeitig wurde bei den meisten

Analysten davon ausgegangen, dass die Fed auch mit dem Abbau ihrer

billionenschweren Bilanz beginnt. Und nun? Nun stellt Fed-Chefin

Yellen in Aussicht, dass die Zinsen in den USA "nicht mehr allzu

weit" steigen müssten, um eine neutrale Rate zu erreichen, die die

US-Wirtschaft im Gleichgewicht hält, und stimmt die Märkte damit auf

einen behutsamen Kurs von Zinserhöhungen ein. Anders formuliert: In

den US-Zinserhöhungsprozess kommt nun die altbekannte Vorsicht rein.

Ergebnis an den Märkten: Die Bondrenditen fallen wieder zurück, denn

wenn die Fed nicht mehr allzu weit erhöhen wird, werden die

Anleiherenditen auch nicht mehr so weit in die Höhe steigen müssen,

wie das bei stärkeren Leitzinsanpassungen nach oben im Allgemeinen

erwartet worden wäre.

Nur einen Tag später legt Yellen noch mal nach: Für die USA wird

es eine Herausforderung sein, 3% Wirtschaftswachstum in den nächsten

Jahren zu erreichen. Mit anderen Worten: Das Wirtschaftswachstum wird

nicht mehr so robust wie in den vergangenen Jahren ausfallen, und

dieses geringe Wachstum will die Fed auf gar keinen Fall abwürgen -

so könnte die Lesart auch sein. Darüber hinaus dürften der Fed auch

die Statistiken bekannt sein, aus denen hervorgeht, dass sich der

laufende Aufschwung in den USA nun schon im neunten Jahr befindet.

Kaum Pulver vorhanden

Und das ist das Problem. Die Fed hat es versäumt, in den Jahren

des Aufschwungs Pulver zur Seite zu legen, sich einen Spielraum bei

den Zinsen zu verschaffen, den sie dringend benötigen wird, wenn die

Konjunktur mal nicht mehr rund läuft und der Abschwung auf der

Tagesordnung steht. Wenn es so weit ist, wird die Fed nur wenig

Zinsspielraum haben, um der Wirtschaft mit Senkungen des Leitzinses

unter die Arme greifen zu können. Das ist die Kehrseite der Vorsicht!

Dadurch, dass Yellen jetzt das Tempo aus den Zinserhöhungen nimmt,

den Märkten signalisiert, dass in dieser Hinsicht nicht mehr viel

kommt, hat sie im Grunde genommen jetzt schon in der Zinspolitik die

Voraussetzungen für die Rolle rückwärts geschaffen. Wann sie

eingeleitet wird, ist nur noch eine Frage der Zeit, d.h. wann der

Abschwung beginnt.

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