05.12.2014 20:16:47
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Börsen-Zeitung: Der Ankündigungseffekt, Marktkommentar von Kai
Johannsen
Frankfurt (ots) - Einige wenige Marktakteure sind von der jüngsten
Sitzung des geldpolitischen Rates der Europäischen Zentralbank (EZB)
enttäuscht gewesen. Denn sie haben etwas mehr erwartet. Doch man muss
auch festhalten, dass in den vergangenen Tagen immer mehr
Marktteilnehmer zu der Erwartung übergegangen waren, dass der
Präsident der EZB, Mario Draghi, so kurz vor Jahresschluss dann doch
nicht mehr zu dem ganz großen Wurf in Sachen Quantitative Easing
ausholt und mit einer entsprechenden Ankündigung daherkommt, sondern
"nur" den Weg dafür bereitet. Insofern hat Draghi dann doch
geliefert. Und so liegen die Analysten der BayernLB doch richtig mit
ihrer Einschätzung. Ihren Kommentar zur EZB-Sitzung betitelten sie
mit: "EZB - Vorbereitung auf den großen Schritt."
Darin heißt es: "Der EZB-Rat hat keine Änderung der Geldpolitik
beschlossen. Nach den Äußerungen von EZB-Präsident Draghi scheint
eine deutliche Ausweitung der Kaufprogramme Anfang 2015 aber sehr
wahrscheinlich. Die Hürde für die Einbeziehung von Staatsanleihen ist
dabei deutlich gesunken." So sieht es aus. Quantitative Easing ist in
Sichtweite. Und es wird wohl auch so kommen.
Märkte ausgetrocknet
Aber hätte sich die EZB denn einen Gefallen damit getan, jetzt den
großen Schritt anzukündigen? Im Dezember, der gerade noch zwei
komplette Handelswochen aufweist? Mit Sicherheit nicht. Traditionell
nimmt die Liquidität in den Bondmärkten - die Covered-Bond-Märkte
sind ohnehin schon reichlich ausgetrocknet, und das nicht nur wegen
der EZB-Käufe in diesem Segment - in Richtung Jahresschluss immer
stärker ab, was auch kaum verwunderlich ist. Denn die Investoren
richten den Blick auf den Ultimo und beginnen damit, die Bücher für
das laufende Jahr zu schließen. Und für die Bondinvestoren ist es ja
nicht gerade ein schlechtes Jahr gewesen. Der Total Return ist in
vielen Bereichen zweistellig. Das kann sich nun wahrlich sehen
lassen.
Aber auch die Emittenten beginnen die Bücher zu schließen. Ab
Mitte Dezember - mitunter auch schon früher - passiert bei
Bondemissionen erfahrungsgemäß nicht mehr allzu viel, um nicht zu
sagen praktisch gar nichts. In einem derartigen Marktumfeld nimmt die
Volatilität tendenziell zu, die Schwankungen einzelner Papiere - das
kennt man nicht nur von Anleihen - können dann auch mal erratisch
werden. Würde die EZB in einem solchen Markt nun weitere Maßnahmen
ausrufen, würde sie sich selbst eines wichtigen Effektes berauben,
und zwar des Ankündigungseffektes.
Marktteilnehmer hätten zur Kenntnis genommen, dass die EZB jetzt
in großem Umfang in die Märkte einsteigt, aber was nützt diese
Ankündigung, wenn die Hälfte bis zwei Drittel der Marktteilnehmer
schon dabei sind, die Bücher sukzessive zu schließen und praktisch
nicht mehr am Handel teilnehmen. Da war es klüger, Quantitative
Easing - diskutiert werden am Markt Unternehmens- und
Staatsanleihekäufe - auf diesem Wege vorzubereiten. Und Draghi hat
für eine Reihe von unkonventionellen Maßnahmen Tür und Tor weit offen
gelassen.
Erinnern wir uns: Als Anleihekäufe der EZB im Sommer ins Gespräch
gebracht wurden und im September die entsprechende Ankündigung kam -
überrascht reagierte damals so mancher auf die Ankündigung, dass auch
Covered Bonds gekauft werden sollten -, zeigte der Markt zu dieser
Zeit die stärkste Performance. Die Renditen sanken, die Spreads
engten sich ein. Die Worte Draghis allein reichten dafür aus. Später,
als die EZB im Oktober mit den effektiven Käufen begann, setzte sich
die positive Performance zwar noch fort, aber die Dynamik dieser
Bewegung nahm schon ab. Das ist auch in den vergangenen Wochen immer
wieder bestätigt worden: Spread-Einengungen erfolgten, aber eben
langsamer.
Nicht neu
Diese Ankündigungseffekte sind prinzipiell nicht neu. Sie wurden
auch schon bei anderen Maßnahmen auch anderer Notenbanken beobachtet.
Die Spekulationen über (unkonventionelle) Maßnahmen und die spätere
Ankündigung derselben hatten in der Regel immer den größten Einfluss
auf den Markt. Die konkrete Umsetzung beeinflusste zwar auch noch die
in Frage kommenden Assets, aber eben nicht mehr so stark. Und so ist
es durchaus verständlich, dass sich die EZB diesen Ankündigungseffekt
denn auch für das Quantitative Easing zunutze machen will. Jetzt im
Dezember wäre der Ankündigungseffekt an den Märkten wohl eher
vollkommen verpufft, was kaum im Sinne der europäischen Währungshüter
gewesen wäre.
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