27.11.2017 20:49:41
|
OTS: Börsen-Zeitung / Börsen-Zeitung: Das Vorprogramm, Kommentar zu Linde von ...
Börsen-Zeitung: Das Vorprogramm, Kommentar zu Linde von Joachim Herr
Frankfurt (ots) - Welch eine Überraschung! Linde hat für den
Tausch in Anteile der mit Praxair gegründeten Holding fast alle
Aktionäre gewonnen. Mehr als 90% des Grundkapitals sind es. Das
Ergebnis erstaunt, da das Angebot anfangs nur auf gebremste
Zustimmung stieß. Noch vor vier Wochen erschien sogar das Erreichen
der Mindestquote gefährdet. Erst die von 75% auf 60% gesenkte
Schwelle brachte mehr Schwung.
Jetzt sieht es so aus, als wären die Tage der altehrwürdigen Linde
AG gezählt. Kommt es im nächsten Jahr tatsächlich zur Fusion mit
Praxair, spräche Vieles für einen erzwungenen Abschied der
verbliebenen Aktionäre per Squeeze-out. Denn mit einem Ende der Linde
AG ließen sich Kosten sparen, eine Hauptversammlung wäre obsolet und
die Publizitätspflicht entfiele.
Ein beinahe zur Bedeutungslosigkeit geschrumpfter Börsentitel
würde allerdings auch den Aktionären mehr Verdruss als Freude
bereiten: Der Handel mit den wenigen restlichen Anteilen wäre kaum
liquide. Auf häufige starke Kursausschläge müsste man sich
einstellen. Zudem bekäme die Linde AG keinen Platz mehr in einem
Börsenindex. Extrapunkte für Nostalgie gibt es nicht.
Den Weg in die Zukunft - den Zusammenschluss mit Praxair unter dem
Dach der Linde plc - könnte jetzt nur noch die Wettbewerbsaufsicht
verbauen. Doch für die Verhandlungen sind die Fusionspartner gut
gewappnet. Vor allem in Nordamerika, in Südamerika und in Europa
stellen sie sich auf Verkäufe von Unternehmensteilen ein und haben
eine Schwelle festgelegt, die ein Achtel des gemeinsamen Umsatzes
ausmacht. Diese Grenze muss aber nicht das letzte Wort sein. Zudem
ist Linde nach den Akquisitionen von Aga in Schweden und BOC in
Großbritannien erfahren in Verhandlungen mit Kartellbehörden.
Die Architekten des deutsch-amerikanischen Großprojekts kommen
ihrem Ziel immer näher: Wolfgang Reitzle, der
Aufsichtsratsvorsitzende von Linde, und Steve Angel, CEO von Praxair
und der designierte Chef des neuen Konzerns. Doch an zwei erheblichen
Risiken für die Stabilität des Weltmarktführers in spe hat sich
nichts geändert. Zum einen begleitet die Arbeitnehmerseite von Linde
den Fusionsplan mit Argwohn. Die Stimmung in der Belegschaft ist
schlecht. Zum anderen erhebt die amerikanische Seite ihren
Führungsanspruch. Eine Balance der Interessen beider Unternehmen
erwarten nur Träumer.
Der lange Weg zur Fusion ist das Vorprogramm. Die echte
Bewährungsprobe für Linde und Praxair kommt erst danach.
OTS: Börsen-Zeitung
newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30377
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!