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02.06.2015 20:50:39

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Börsen-Zeitung: Bitte keine Bevormundung, Kommentar zur Atomstiftung

von Annette Becker

Frankfurt (ots) - Ist der Aufruf von Werner Müller, dem ehemaligen

Bundeswirtschaftsminister und heutigen Vorstandschef der

RAG-Stiftung, zur Gründung einer "Atomstiftung" als Bewerbung für den

Aufsichtsratsvorsitz bei RWE gedacht? Wohl kaum, auch wenn der

amtierende AR-Chef Manfred Schneider händeringend nach einem

Nachfolger sucht und Müller bei den kommunalen RWE-Aktionären

vermutlich auf breite Zustimmung stieße. Querdenker Müller empfiehlt

sich wohl eher als Berater beim Aufsetzen einer solchen Stiftung.

Einschlägige Erfahrung bringt der Urheber der RAG-Stiftung

zweifelsfrei mit.

Doch die Situation, aus der heraus die RAG-Stiftung geboren wurde,

ist keineswegs vergleichbar mit der der Kernkraftwerksbetreiber. Da

wäre zunächst die private Eigentümerschaft der Versorger, in deren

Bilanzen die Rückstellungen stehen. Sicher, auch die einstige RAG

befand sich im Besitz der drei Hauptaktionäre Eon, RWE und

ThyssenKrupp. Doch Durchgriff auf das Vermögen des "weißen Bereichs"

hatten diese aufgrund des Haftungsverbunds für die Steinkohle nicht.

Auch die Notwendigkeit für den Staat, sich aktiv in die

AKW-Problematik einzubringen, ist nicht erkennbar. Zwar wird es der

"lender of last resort", also der Steuerzahler, am Ende ausbaden

müssen, wenn die gebildeten Atomrückstellungen nicht ausreichen.

Politische Betriebsamkeit lösen jedoch nur Gewinnerthemen aus. Im

Fall der Kohlestiftung stand die Politik unter Zugzwang.

Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass den gebildeten

Atomrückstellungen keine konkreten Vermögenswerte zugeordnet sind.

Bei der RAG dagegen war das Vermögen, das zur Abdeckung der

Ewigkeitslasten zur Verfügung stand, mit dem Industriebereich

(Evonik, Steag, Immobilien) klar definiert. Obendrein stand dieses

Vermögen mit historischen Buchwerten in der RAG-Bilanz, während die

Höhe der stillen Reserven in den Büchern der nach IFRS bilanzierenden

AKW-Betreiber eher überschaubar sein dürfte.

Ganz abgesehen davon, waren die Ewigkeitslasten aus dem

Steinkohlebergbau einigermaßen verlässlich abzuschätzen. Für die

Kosten beim Rückbau von AKWs und die Endlagerung gibt es dagegen kaum

Erfahrungswerte - auch wenn Wirtschaftsprüfer die Rückstellungshöhe

alljährlich auf ihre Angemessenheit überprüfen.

Mit der Schere im Kopf werden zwar keine Probleme gelöst. Es wäre

aber wünschenswert, den Betroffenen den Freiraum zum Lösen ihrer

Probleme zu geben - ohne staatliche Bevormundung.

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